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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 13/2023
Der Inhalt:
Leben & Kultur

Pro und Contra
Die AfD verbieten?

vom 04.07.2023
In Umfragen schafft es die rechtsextreme Partei inzwischen auf 20 Prozent. Sollte ein Verbotsverfahren angestrengt werden? Diskutieren Sie mit und stimmen Sie ab!
Eine Partei, die für die Demokratie zu gefährlich ist? (Foto: PA/DPA/Ina Fassbender)
Eine Partei, die für die Demokratie zu gefährlich ist? (Foto: PA/DPA/Ina Fassbender)

Marco Wanderwitz: Ja!

Ich komme aus dem ländlichen Sachsen, da muss man diejenigen in der AfD, die nicht rechtsradikal sind, schon mit der Lupe suchen. Bei uns war der ehemalige Flügel zu Hause. Dieser völkisch-nationalistische Teil der Partei hat sich 2020 offiziell aufgelöst, aber natürlich ist er nicht verschwunden, die Menschen sind ja noch aktiv. Die Mandatsträger und ihre Mitarbeiter legen jeden Tag die Axt an die Fundamente unserer Demokratie. Minderheiten aller Art, alle demokratischen Parteien, die Institutionen unseres Rechtsstaats werden angegriffen, bedroht, verächtlich gemacht. Immer schwingt mit: Wenn der Tag X kommt, dann kommen wir über euch. Sie träumen den großen Umsturz, den Fall unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung herbei.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 13/2023 vom 07.07.2023, Seite 8
Schrecklich schön
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Wir haben es mit einer Partei zu tun, die in Gruppierungen wie der Jungen Alternative einen ethnisch-völkischen Volksbegriff vorlebt. Im Bundestagswahlkampf 2017 sagte der damalige AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland, Aydan Özoğuz, SPD-Abgeordnete und heutige Bundestagsvizepräsidentin solle »in Anatolien entsorgt« werden. Eine in Deutschland geborene Deutsche! Volk ist für die AfD ein weißes, ethnisch abgeschlossenes Volk. Das widerspricht Artikel 1 unseres Grundgesetzes, es gehört auch zur Menschenwürde: Deutsch ist, wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Das akzeptieren diese Leute nicht.

Man sollte nicht warten, bis die AfD bei Landtagswahlen gewinnt. Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist gerade zu dem Ergebnis gekommen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für ein AfD-Verbot gegeben wären. Wir sollten das endlich angehen! Mit politischer Auseinandersetzung allein werden wir die AfD momentan nicht los. Indes wird sie immer gefährlicher und wirkmächtiger.

Natürlich wäre ein Verbotsverfahren ein Weg mit unbestimmtem Ausgang. Am Ende müssen wir auch die gesellschaftlich-politische Auseinandersetzung zu einem besseren Ergebnis führen, als uns das in den letzten Jahren gelungen ist. Ich sehe das aber als ein Nebeneinander. Ein Verbotsverfahren und die Berichterstattung darüber wären geeignet, viel intensiver über all das zu diskutieren, was diese Partei ist.

Mit einem AfD-Verbot bekämen wir eine Atempause für die Demokratie. Die wäre vor allem in den neuen Bundesländern dringend nötig. Dieses große, wärmende Lagerfeuer der AfD, an dem sich alle versammelt haben, die in den letzten 20, 30 Jahren am extrem rechten bis rechtsradikalen Rand unterwegs waren – das würden wir auf diese Weise erst einmal austreten. Bevor es zu spät ist!

Claus Leggewie: Nein!

Die AfD ist eine zutiefst un- und antidemokratische Partei, dennoch bin ich gegen einen Verbotsantrag. Man kann eine Partei, die realistisch auf zehn bis fünfzehn Prozent der Wähler- und Wählerinnenstimmen kommt und in sämtlichen Parlamenten vertreten ist, nicht verbieten, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, damit einen unliebsamen Konkurrenten aus dem Wählermarkt eliminieren zu wollen, mit dem man in der politischen Auseinandersetzung nicht zu Rande gekommen ist.

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Ein Parteiverbot ist kein probates politisches Mittel. Es hat keinen Abschreckungseffekt, sondern den Appeal einer autoritären Maßnahme, die das Märtyrer-Gefühl bei der AfD und ihren Wählern eher noch verstärken dürfte.

Es gibt andere Möglichkeiten der politischen Auseinandersetzung, bei Extremisten auch der strafrechtlichen Auseinandersetzung mit Funktionären, Mitgliedern und Wählern. Man sollte sie konfrontieren, statt sie als »besorgte Bürger« mit »berechtigten Anliegen« zu verharmlosen und ihrer Themenagenda hinterherzulaufen. Die AfD sind im Kern Neofaschisten, die den Parlamentarismus zerstören wollen, um ein autokratisches Regime zu errichten. Das darf und sollte man auch benennen. Sie gehören politisch gestellt und ausgegrenzt. Jeder Bürger und jede Bürgerin hat die Macht, seine Stimme demokratischen Parteien zu geben, statt wie in Sonneberg und anderswo zu Hause zu bleiben.

Ein Verbotsverfahren würde zudem endlos lange dauern, Geisterfahrern wie Alice Weidel und Tino Chrupalla eine öffentliche Tribüne bieten und am Ende vermutlich abgelehnt werden.

Parteiverbote sind demokratiepolitisch generell unvertretbar – alle, die dafür sind, mögen sich vorstellen, in einer anderen Konstellation würde die Partei ihrer Wahl verboten. Auch Rechtsradikale genießen die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit – solange sie keine Volksverhetzung betreiben und zu Gewalt aufrufen, wogegen das Strafrecht viel konsequenter als bisher einzusetzen ist. Das gilt selbst dann, wenn sie die Meinungsfreiheit ihrer politischen Gegner sofort einschränken würden, wenn sie an die Macht kämen.

Eine Dämonisierung der AfD belegt nur die Hilflosigkeit ihrer Gegner. Wir brauchen eine demokratische Allianz gegen die Gefahr von rechts, die über das enge Antifa-Milieu hinausreicht. Das akute Problem sind die deutschen Christdemokraten und generell die europäischen Konservativen, die den Rechtsradikalen nachlaufen und so den Feuerwall gegen die Ultras aufweichen – es gewinnt aber immer das Original, Herr Merz.

Die Umfrage ist vorbei: so haben unsere Leser abgestimmt!

Die AfD verbieten?

In Umfragen schafft es die rechtsextreme Partei inzwischen auf 20 Prozent. Sollte ein Verbotsverfahren angestrengt werden? Diskutieren Sie mit und stimmen Sie ab!
29 x Ja!
56 x Nein!
insgesamt abgegebene Stimmen: 85
66%
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Haraldus 11.02.2024, 11:30 Uhr:
ich bin dafür, dass die Afd bald verboten wird. Allein schon die Einstufung der Jugendorganisation als gesichert rechtsextrem, die das Verwaltungsgericht Köln bestätigt hat, gibt mir zu denken. Wichtig finde ich auch, dass rechtsextreme Funktionäre/Politiker nicht mehr agieren können, in dem sie z.B. in politische Ämter gewählt werden können. Hierfür gibt es die folgende Petition: https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2024/_01/_19/Petition_162601.nc.html

Jan J. 11.01.2024, 18:26 Uhr:
Ein klares ja: Die AfD muss verboten werden.
Es hilft nicht, die AfD zu konfrontieren, denn sie wissen bereits, was sie fordern und tun.

Wähler und Wählerinnen dieser Partei sind braun, das lässt sich nicht (mehr) anzweifeln.
Daher muss das Ganze denselben Weg gehen, wie bei der NPD damals.

Aussitzen und Warten wird keine Besserung bringen. Manchmal muss von Außen eingegriffen werden, so auch z.B. bei Straftaten, da von alleine keine Änderung eintreten wird.
Jetzt Zeit zu verplempern stärkt die AfD weiter und je länger damit gewartet wird, desto schlimmer wird es. Die Deutschen wünschen sich Sicherheit - das geht nicht durch die populistische AfD, die weiter Ängste und Wut schürt, anstatt langfristig sinnvolle und realistische Lösungen zu erarbeiten. Die AfD schwächt Deutschland.

Chris 12.11.2023, 11:53 Uhr:
Verbot afd ist Pflicht. Erstens, die Demokratie nicht ganz respektiert von diesen Leuten. Zweitens, ihre Versammlungen, Beleidigung gegen alle und vor allem den Demokratischen und Rechtsstaats Ordnung.

Wir müssen eine Petition dafür machen. Wie können wir dies schaffen?

Dieter Schottes 05.10.2023, 16:28 Uhr:
Das offen oder (zunehmend) versteckt getragene Ziel dieser Parteit bleibt die Abschaffung der Demokratie und humanitären Werten in unserer Gesellschaft. Ein Verbot der AfD als Sammelbecken überwiegend rechtsextremer und rechtsradikaler Menschen, die offenbar auch nie über unsere geschichtliche Vergangenheit nachdachten, hätte längst beantragt werden müssen. Da ein mögliches Verbot lange Zeit und Hürden beanspruchen wird, ist eine gezielte Auseinandersetzung ebenso erforderlich wie längst überfällig. Teile der CDU unter Führung von Herrn Merz mit ihrem offenen und meist schweigendem, sich dem der AfD annähernden Gedankengut, sind absolut abzulehnen und nicht wählbar!

Winfried Stöber 18.07.2023, 11:13 Uhr:
Als ein Betroffener - wir sind über 2 km von einem Nazi und AfD - Anhänger verfolgt worden - kann ich nur sagen: Warum nicht das eine tun (Verbot) und das andere (politische Auseinandersetzung) nicht lassen. Diese Partei ist kein Wolf im Schafspelz sondern nur noch Wolf. Sie gehört verboten.

Eva Küpper 16.07.2023, 10:20 Uhr:
Die AfD ist nicht verboten,also müssen wir uns mit der Partei
auseinandersetzen,sie entzaubern,und den Ursachen der
hohen Akzeptanz auf den Grund gehen!

Gustav Haab 14.07.2023, 19:15 Uhr:
Es kommt einem in Deutschland wie in einem fremden Staat vor, dessen politische Führung, wenn sie sich nicht weiter zu helfen weiß, gesetzestechnisch Verbote erlässt, die die eigene Position stärken. Die politische Meinungsfreiheit wird einfach so eigegrenzt, dass man von einem Wettbewerb der Parteien gar nicht mehr reden muss. Um den drohenden Eintritt einer Partei in den Regierungsapparat zu verhindern, macht sich die Mehrheitsfraktion auf den Weg, rechtsstaatlich-juristische Methoden so auszuweiten, bis sie in die Perspektive des Autokratismus reichen – was sie bei ausländischen Staaten lautstark kritisieren!
Bei allem Verständnis für Leggewies Kritik: Der Vorwurf an die Christdemokraten und europäischen Konservativen gerichtet, einen Feuerwall gegen die Ultras aufzuweichen kann ich nicht verstehen. Er ist absolut nicht hilfreich!

Joachim Bayer-Beck 09.07.2023, 09:19 Uhr:
Mit der AFD muss man sich politisch auseinandersetzen und sich auch fragen warum dies Partei so im Aufwind ist bzw. die anderen Parteien insb. die Parteien der Koalition so verlieren. Ich glaube das hat viel mit dem Inhalt der jetzigen Politik und ihrer Vermittlung bzw. Nichtvermittlung zu tun.

Georg Lechner 06.07.2023, 18:56 Uhr:
Viel wirksamer als ein generelles Verbot der AfD ist das Verbot der Mandatsausübung für offen neobraune Personen wie Höcke. Listen mit solchen Kandidat_innen sind nicht zur Wahl zuzulassen.
Wie Professor Leggewie richtig bemerkt hat, muss man vor allem ihre antidemokratische Agenda offen benennen (sowie den Widerspruch ihrer politischen Ziele mit den Antidiskriminierungsbestimmungen in vom Parlament ratifizierten internationalen Abkommen); hier sind auch ihre medialen Wegbereiter (wie die jahrzehntelange xenophobe Hetze in der "Bild") deutlich zu kritisieren.
In Ö. haben wir das nämliche Problem in noch größerer Dimension - die FP wird bei der nächsten Wahl (Meinungsumfragen zufolge) stimmenstärkste Partei werden. Ganz analog haben auch hier die Rinnsteinblätter den Boden mit xenophober Hetze bereitet und ist die vormals konservative Partei (VP) offen reaktionär geworden und koaliert im Interesse der Reichen immer öfter mit der FP.

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