Pro und Contra
Muss sich die CDU von der Werte-Union klarer abgrenzen?

Werner Patzelt:
Nein, das würde der CDU schaden!
Sehr viel Wählerschaft hat die CDU schon an die AfD verloren. Auch waren viele Leistungsträger der AfD vorher in der CDU, doch sie fühlten sich dort nicht länger willkommen. Sie wegzudrängen, liefe auf Selbstverstümmelung hinaus. Natürlich darf die CDU so weitermachen, also jenen Abgrenzungsstrich auch noch durch die eigene Partei ziehen, der sie inzwischen von einem Teil ihrer früheren Wähler trennt. Doch Achtung! Zwar gehören der Werte-Union nur rund 4000 Mitglieder an. Den Sympathisantenkreis darf man aber mindestens zehnmal so hoch ansetzen. Und noch mehr Leute würden bei der Verbannung der Werte-Union aus der CDU-Familie ihre letzte Hoffnung verlieren, eines Tages könnte die Union doch wieder ihre politische Heimat werden. Dabei vertritt gerade die Werte-Union alle klassischen CDU-Positionen. Sie fällt im Grunde nur deshalb auf, weil sie immer wieder an den wirklich wunden Punkt der jüngeren CDU-Entwicklung rührt: Von den drei »Säulen« der Union – der sozialen, liberalen und konservativen – hat das Parteiestablishment die letztere brüchig werden, ja teilweise abtragen lassen. Deshalb ist die CDU nun in jener Schieflage, die zu nicht endenden Wählerverlusten führt. Anscheinend geht es um die Verdrängung von vielen, wider alle Warnungen begangenen politischen Torheiten, wenn gefühlsintensive Gegnerschaft zur Werte-Union hochquillt. Und weil die Sachwalter des politisch Guten unbedingte Keuschheit hinsichtlich der AfD predigen, tun brave CDU-Schäfchen vorsichtshalber ein Extra an guten Werken, indem sie auch noch mit innerparteilichen Abscheubekundungen gegenüber der Werte-Union aufwarten. So aber wird, sozusagen, aus lobenswerter Frömmigkeit politische Bigotterie.
Sophia Nückel:
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Ja, die Werte-Union passt nicht zur CDU!
Die Werte-Union vertritt nicht die Werte, für die ich in die CDU eingetreten bin und für die ich mich einsetze. Vom christlichen Menschenbild sind große Teile der Gruppierung weit entfernt. Ich bin stolz darauf, in einem weltoffenen, multikulturellen Land zu leben, in dem die Rechte eines jeden Menschen geachtet und geschützt werden, unabhängig von Religion oder der Hautfarbe, die einer hat, welche sexuelle Orientierung er besitzt, oder woher er kommt. Die Werte-Union spielt jedoch wie die AfD mit der Unterscheidung »wir gegen die«. Sie spricht Menschen aus Krisenregionen ein Recht auf Flucht und Auswanderung ab und leugnet, dass auch der Klimawandel Menschen zum Verlassen ihrer Heimat zwingt.
Die Wortführer der Werte-Union zielen darauf ab, der AfD ehemalige CDU-Wähler abzuwerben. Dem stelle ich mich mit voller Überzeugung entgegen. Wer sich einmal für die AfD entschieden hat, der hat in der CDU nichts mehr zu suchen. Denn wer die AfD wählt, befürwortet Rechtsextremismus, Rassismus und das gezielte Streuen falscher Informationen. Diese Menschen möchte ich nicht in meiner CDU wissen. Auch das Gesellschaftsbild der Werte-Union passt nicht zur CDU. Die Partei mag sich unter Angela Merkel gewandelt haben, die Werte-Union ignoriert aber, dass sich in dieser Zeit die Gesellschaft selbst verändert hat. Wunderbare Familienmodelle wie Patchwork-Familien oder homosexuelle Ehe-Partner mit einem Kind kommen in ihrem Begriff von Familie nicht vor.
Ja, die CDU muss wieder einen inhaltlichen Kern, ein politisches Alleinstellungsmerkmal finden. Ein rechtsangelehnter Werte-Konservativismus, wie ihn die Werte-Union fordert, ist dazu aber nicht geeignet. Im Gegenteil: Er schadet der CDU.
Muss sich die CDU von der Werte-Union klarer abgrenzen?
Politikwissenschaftler und Mitglied von CDU und Werte-Union.
Als Professor lehrte er von 1991 bis 2019 an der TU Dresden.
Sophia Nückel,
geboren 1998, ist
Vorsitzende der Jungen Union in Schmallenberg (NRW). Sie
studiert Politikwissenschaft in Duisburg.
Muss sich die CDU von der Werte-Union klarer abgrenzen?
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mit laschet wird weiter nur rumgemerkelt
entweder söder oder es hagelt an austritten
Herr Patzelt sollte nicht länger versuchen, die CDU auf den "rechten Weg" zu bringen. Er würde anstatt besser in die AFD eintreten und sich dort zusammen mit "den vielen Leistungsträgeren, die vorher in der CDU waren", klar erkennbar dafür einsetzen, dass die AFD sich von den Funktionären trennt, die sich rassistisch und rechtsradikal äußeren und dadurch eine ernste Gefahr für das freie Zusammenleben von Menschen sind.
Mit ärgerlichen Grüßen
Dirk Böttcher