Pro und Contra
Sind 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr gerechtfertigt?

Marie-Agnes Strack Zimmermann:
Ja, ein Paradigmenwechsel ist nötig!
Das Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro und das darüber hinaus dauerhaft garantierte Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels der Nato ist ein tiefgreifender wie dringend notwendiger Paradigmenwechsel in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. In 16 Jahren unionsgeführtem Bundesverteidigungsministerium wurde die Bundeswehr kaputtgespart, gesellschaftlich vernachlässigt und war für manchen mehr Folklore denn ernstzunehmende Armee. Debatten zur sicherheitspolitischen Lage und zur Rolle unserer Parlamentsarmee wurden ungern bis gar nicht geführt. Es ist tragisch, dass es erst eines Krieges in Europa bedurfte, um Gesellschaft und Politik wachzurütteln. Es geht jetzt darum, die Bundeswehr so auszurüsten, dass ihre Soldatinnen und Soldaten angemessen ausgestattet und ausgebildet werden, um ihrer Verpflichtung nachkommen zu können, unser Land verteidigen zu können und gemeinsam mit unseren Partnern das Bündnis.
Der problematische Zustand der Bundeswehr ist nicht nur das Ergebnis fehlender Finanzmittel. Damit das Sondervermögen zielgerichtet eingesetzt werden kann, muss die Bundeswehr deutlich mehr zu einer Direktvergabe übergehen – das trifft auf die persönliche Ausstattung genauso zu wie auf die Beschaffung von militärischem Material. Der Einkauf auf dem Markt, um unsere Truppe schnellstmöglich einsatzfähig zu machen, muss Vorrang haben vor Deutschlands Wunsch nach Maßanfertigungen, deren Umsetzung viele Jahre dauert und die Preise in die Höhe treibt. Einsatzbereitschaft bedeutet Attraktivität. Nur so werden wir Männer und Frauen motivieren, in Zukunft bereit zu sein, den nicht ganz gewöhnlichen Beruf der Soldatin und des Soldaten zu ergreifen.
Jan Korte
Nein, aufzurüsten ist verantwortungslos!
Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine hat Europa erschüttert. Putins Skrupellosigkeit hat eine Welle der Solidarität ausgelöst und macht Angst vor einer Konfrontation zwischen Russland und Nato. Alle Anstrengungen müssen darauf abzielen, einen Rückzug der russischen Truppen zu erreichen und eine weitere Eskalation zu verhindern.
Wir müssen die neue Lage in der Welt analysieren, auch meine Partei muss mit alten Gewissheiten aufräumen. Aber die von Bundeskanzler Scholz angekündigte Aufrüstung ist weder ein Akt der Solidarität, noch wäre sie für eine aktuelle Auseinandersetzung relevant. Sie wäre eine Instrumentalisierung des Krieges in der Ukraine und historisch verantwortungslos. Finanzminister Lindner sprach davon, Deutschland solle eine der »schlagkräftigsten Armeen in Europa bekommen«. CDU-Generalsekretär Czaja fordert für eine Zustimmung zur Verfassungsänderung »keine Tabus bei der Ausstattung von Drohnen«. 77 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wird eine Normalisierung vorangetrieben, als wäre nichts gewesen.
Unsere Rolle in der Welt muss eine andere sein. Dem vorgestrigen, irrationalen Machtdenken Putins muss eine Politik der Vernunft und des internationalen Rechts entgegengesetzt werden. Die Menschheit steht vor riesigen Herausforderungen, dem Klimawandel, einer wachsenden Bevölkerung, einer weltweiten Pandemie. Wir brauchen ein stärkeres Völkerrecht, eine Reform des UN-Sicherheitsrates und eine Rückkehr zu Menschenrechten in allen Bereichen, auch in den globalen sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen. Der Wirtschaft völlig freie Hand zu geben, ohne jede Verantwortungspflicht, und bei Konflikten die Armee hinterherzuschicken: Das ist Politik aus dem vorigen Jahrtausend. Richtig wäre es, mehr Fortschritt zu wagen.
Sind 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr gerechtfertigt?
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) sitzt dem Verteidigungsausschuss des Bundestags vor.
Jan Korte ist Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion Die Linke.
100 Milliarden für die Bundeswehr – ist das gerechtfertigt?
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Was für eine Heuchelei mit Militärbischöfen und Militärpastoren.
Ist dies wirklich bei allen Herrschern der Fall?? Solange dies nicht der Fall ist, kann man "Frieden schaffen ohne Waffen" anstreben, aber sich dafür rüsten sich zu wehren.Die Neutralität Österreichs gilt solange, solange es Herrn Putin passt. Die Neutralität der Schweiz gilt, weil man sich nicht den eigenen Rückzugsort oder Fluchtort zerstören will
Noch nie in der Geschichte der Menschheit haben mehr Waffen, mehr Soldaten, mehr Gewalt für eine gerechte und langfristig friedliche Lösung eines Konflikts gesorgt.
"Wer das Schwert in die Hand nimmt, wird durch das Schwert umkommen". Matth. 26, 52
Mit Schalom,
Gerhard Loettel, Pfarrer i. R. Bad Münster a. Stein
Ausserdem ärgert es mich masslos, das es nichts aber auch garnichts Ähnliches für das Pflegewesen und das Bildungssystem gibt, von der Klimakrise ganz zu schweigen.
Darin fordert der außenpolitische Think Tank des EU-Rates eine Abkehr von der Landesverteidigung und die Hinwendung zu Interventionen und Expeditionskriegszügen - und realiter ist das zumindest seit dem völkerrechtswidrigen Krieg 1999 gegen Serbien auch die politische Praxis.
Das sogenannte 'Sondervermögen', sollte für das Leben, sprich für menschenwürdige Unterkänfte und Versorgung der zahlreichen Flüchtlinge eingesetzt werden, die zu uns kommen und unsere Hilfe und unsere Unterstützung brauchen.
WIR als Gesellschaft sind Teil dieses 'Sondervermögens' und sollten mitentscheiden, wofür es eingesetzt wird. Frau Zimmermann und die Regierungsparteien haben hier in keinster Weise mein Vertrauen.
Was würde Jesus tun? Sicher nicht so viel Geld zum Töten von Menschen verschwenden.