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Pro und Contra
Palästina als Staat anerkennen?

Frankreich, Großbritannien und Kanada wollen Palästina als Staat anerkennen. Sollte Deutschland ihnen folgen?
vom 02.09.2025
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Begrenzt anerkannt:Die Autonomiebehördein Ramallah hat bei den Vereinten Nationen nureinen Beobachterstatus. (Foto: istock by Getty / Joel Carillet)
Begrenzt anerkannt:Die Autonomiebehördein Ramallah hat bei den Vereinten Nationen nureinen Beobachterstatus. (Foto: istock by Getty / Joel Carillet)

Muriel Asseburg: Ja!

 Muriel Asseburg ist Senior Fellow in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin (Foto: Pressebild SWP Berlin)Deutschland sollte gemeinsam mit Frankreich, Großbritannien, Kanada und anderen am Rande der UN-Generalversammlung den Staat Palästina in den Grenzen von 1967 anerkennen. Damit würde die Bundesregierung nicht nur untermauern, dass sie eine Zweistaatenregelung ernsthaft anstrebt. Sie würde auch dem israelischen Siedlungs- und Annexionsprojekt sowie einer Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung eine deutliche Absage erteilen. Dies ist angesichts einer israelischen Regierung, die die Siedlungspolitik mit Verve vorantreibt und das Ziel einer »freiwilligen Auswanderung« der palästinensischen Bevölkerung Gazas ausgibt, von höchster Dringlichkeit.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 17/2025 vom 05.09.2025, Seite 8
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Die Haltung der Bundesregierung, dass eine Anerkennung des Staates Palästina erst gegen Ende von Friedensverhandlungen erfolgen soll, mag in Zeiten, in denen es einen ernstzunehmenden Friedensprozess gab, Sinn ergeben haben. Heute ist sie nicht mehr zielführend. Denn von einer israelischen Regierung, die in ihren Leitlinien einen exklusiven und unveräußerlichen Anspruch des jüdischen Volkes auf das gesamte Territorium zwischen Mittelmeer und Jordanfluss erhebt und einen palästinensischen Staat explizit ablehnt, kann nicht erwartet werden, dass sie in gutem Glauben über eine Zweistaatenregelung verhandeln wird.

Eine Anerkennung des Staates Palästina wäre auch, wie ihre Gegner oft behaupten, kein Punktsieg für die Hamas. Vielmehr würde sie allen Auslöschungs- und Vertreibungsfantasien sowie Terror und Gewalt einen Ansatz friedlicher Konfliktregelung entgegensetzen.

Die Anerkennung des Staates Palästina allein wird allerdings weder das Blutvergießen und die Hungersnot in Gaza beenden, noch die israelischen Geiseln zurückbringen oder zu einer dauerhaften Befriedung führen. Sie muss vielmehr in einen umfassenden internationalen Ansatz eingebunden sein. Die Abschlusserklärung der Zweistaatenkonferenz, die im Juli in New York auf Einladung von Frankreich und Saudi-Arabien stattgefunden hat, zeigt diesen auf. Sie verbindet konkrete Maßnahmen, die auf einen Waffenstillstand im Gazastreifen folgen müssen, mit einer Zweistaatenregelung und der Anerkennung Israels durch die Mitgliedstaaten der Arabischen Liga und der Organisation der Islamischen Zusammenarbeit.

Nun müssen die einzelnen Schritte, die für einen dauerhaften Waffenstillstand, einen Wiederaufbau und eine tragfähige Konfliktregelung nötig sind, ausgearbeitet, ihre Umsetzung vorbereitet und Verantwortlichkeiten geklärt werden. Dabei sollte sich die Bundesregierung aktiv und konstruktiv einbringen.

Philipp Peyman Engel: Nein!

Philip Peymann Engel ist Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen mit Sitz in Berlin. (Foto: PA/DPA/Sebastian Gollnow)Selten hat eine Terrororganisation, deren Ziel die Vernichtung des Nachbarstaates ist, mit einem Massaker dafür gesorgt, dass die Sympathien der Welt nicht dem angegriffenen Nachbarn gelten, sondern der eigenen Sache. Und selten flogen einem Gebiet, das seit fast zwei Jahrzehnten von einer islamo-faschistischen Mörderbande regiert wird, so die Herzen der westlichen Welt zu wie dem 1988 vom Palästinensischen Nationalrat ausgerufenen »Staat Palästina«. Verkehrte Welt: Israel, nach wie vor die einzige Demokratie in Nahost, wird dagegen abgrundtief gehasst.

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Ausgerechnet jetzt fällt Politikern in Madrid, Dublin, Paris, London und Brüssel ein, dass es gut wäre, diesen Staat Palästina anzuerkennen. Bislang war Konsens, dass eine Anerkennung erst nach einem Friedensschluss mit Israel erfolgen kann. Doch jetzt wird daraus ein moralisches Postulat. Wir schulden das den Palästinensern, heißt es. Tun wir das wirklich?

Die Hamas ist kein politischer Akteur, sondern ein Vernichtungsprojekt. Die von Mahmud Abbas geführte Palästinensische Autonomiebehörde ist zwar weniger israelfeindlich und antisemitisch als die Hamas, dennoch verherrlicht sie den Terror gegen Israel, zahlte jahrzehntelang »Märtyrerrenten« und ist zugleich beim eigenen Volk durch ihr korruptes Gebaren komplett diskreditiert. Sie kann und will kein stabiles, demokratisches und vor allem friedliches Gemeinwesen schaffen. Wer ausgerechnet jetzt die Anerkennung Palästinas betreibt, belohnt den Terror und die Unfähigkeit. Eine Anerkennung Palästinas wäre ein Signal an alle Fanatiker, dass Gewalt sich auszahlt.

Die Zwei-Staaten-Lösung bleibt dennoch richtig. Voraussetzung muss aber sein, dass der Hass auf Israel aufhört. Ein Staat Palästina muss demokratisch und friedlich sein, wenn er anerkannt werden will. Sind diese Forderungen realistisch? Mitnichten. Machen wir uns nichts vor: Der real existierende Staat Palästina wäre kein Friedensprojekt, sondern eine Terrorbasis mit UN-Sitz.

Voraussetzung für einen eigenen Staat wäre eine palästinensische Führung, die Demokratie und Gewaltverzicht glaubhaft vertritt und die Partnerschaft mit Israel in den Vordergrund stellt, nicht den Kampf gegen den jüdischen Staat. Um das zu erreichen, braucht es nicht westliche Geschenke, sondern mehr Druck, damit Reformen angepackt werden.

Erst wenn die palästinensische Gesellschaft sich von den Fesseln der Hamas befreit, kann ein Staat entstehen, den man anerkennen kann. Alles andere wäre Verrat – an den Opfern des 7. Oktober, an Israel, an den Palästinensern selbst. Die haben Besseres verdient als ein Leben zwischen Raketenwerkstätten und Korruptionspalästen.

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Personalaudioinformationstext:   Muriel Asseburg ist Senior Fellow in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.

Philipp Peyman Engel ist Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen mit Sitz in Berlin.
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