Pro und Contra
Sonntagsgottesdienst aufgeben?

Julia Koll:
Ja, das schafft Zeit fürs Wesentliche!
Der Gottesdienst am Sonntagmorgen ist ein Klassiker und ein Kulturgut. Ohne ihn würde der Welt etwas fehlen. Das ist unbestritten. Doch was wird aus ihm, wenn keiner mehr kommt? Muss dann wirklich auf Gedeih und Verderb an ihm festgehalten werden, mit Verweis auf seine beeindruckende Geschichte?
Ich meine: Nein. Wo ich als Pastorin regelmäßig für drei oder vier predige, wo der Gesang nicht mehr trägt und sich selbst die Treuesten darüber an der Kirchentür besorgt zeigen – da ist es höchste Zeit umzusteuern. Das sture Festhalten am wöchentlichen Rhythmus und am vermeintlich althergebrachten Ritual bindet zu viele von den immer knapper werden Ressourcen. Schlimmer noch: Es verhindert geradezu, dass wir das tun, was jetzt am nötigsten wäre: mit Fantasie und Gottvertrauen nach vorne zu denken. Denn das ist auch klar: Das Additionsprinzip »Sonntag plus zweites Programm plus Abendandacht plus Jugendgottesdienst plus …« stößt längst an seine Grenzen. Zugleich hat die gesellschaftliche Ausdifferenzierung ein Ausmaß erreicht, das den Traum des für alle gleichermaßen passenden und attraktiven Gottesdienstes naiv erscheinen lässt.
Wir brauchen also viele verschiedene Weisen, Gottesdienst zu feiern – und nicht überall dasselbe. Vor Ort sollte man sich fragen: Worin steckt am meisten Energie? Welches Format verspricht welche lebensweltliche Reichweite? Wie machen Menschen heute Resonanzerfahrungen? Das geistliche Gebot der Stunde: viel genauer wahrnehmen und dann Experimente wagen – ohne den Anspruch, gleich einen neuen Klassiker etablieren zu müssen. Zum Beispiel eine offene Kirche, stundenlang. Etwas Musik. Gelegenheit zum stillen Gebet, zur Segnung oder zum Gespräch über einer Tasse Kaffee – der Sonntagmorgen kann dabei sehr wohl eine besondere Zeit bleiben.
Michael Meyer-Blanck:
Nein, die Kirche muss verlässlich sein!
Dem Gottesdienst ist nichts vorzuziehen, heißt es in der Regel des heiligen Benedikt (480-547). Recht hatte er. Gottesdienst schafft Ruhe und Konzentration. Er verbindet die Menschen miteinander und mit Gott. Darüber hinaus ist der Gottesdienst ein Stück Kultur und Tradition. Wann er stattfindet, ist dabei eigentlich zweitrangig. Doch der Gottesdienst am Sonntagvormittag ist eine gute Sitte. Jede und jeder kann sich darauf verlassen: Jetzt wird geläutet, gebetet und gepredigt – auch wenn ich selbst nicht hingehe. Ich habe aber jederzeit die Möglichkeit, dabei zu sein. Der Gottesdienst ist keine Vereinsversammlung für Kirchenmitglieder. Er ist öffentlich, regelmäßig, verlässlich. Es ist absurd, über die Abschaffung des regelmäßigen Sonntagsgottesdienstes nachzudenken. Das tut auch niemand ernsthaft. Die Studie der Liturgischen Konferenz hat ergeben, dass der regelmäßige Kirchgang am Sonntag besonders von den Mitarbeitenden der Kirche geschätzt und getragen wird. Viele andere dagegen sagen, sie würden sich eher für besondere Gottesdienste, also alternative Zeiten, Themen und Formate interessieren. Darum stellt sich die Frage: Soll man künftig mehr zeitliche und finanzielle Ressourcen in das alternative Gottesdienstangebot, das sogenannte »zweite Programm«, stecken als bisher?
Ich plädiere für die bleibende Sorgfalt und Wertschätzung im Hinblick auf den Sonntagsgottesdienst und die Sonntagskirchgänger. Diese kommen. Sie tragen den Gottesdienst. Die Besonderheit selbst braucht das Normale und Regelmäßige. Die Glocken laden erkennbar und verlässlich ein – ein Bild für Gottes Zuwendung zur Welt. Der Gottesdienst ist die Kirche »on stage«, der performative Kirchturm. Ihm ist nichts vorzuziehen – am Sonntagvormittag nicht und auch sonst nicht.
Sonntagsgottesdienst aufgeben?
Julia Koll, geb. 1975, ist Pastorin der hannoverschen Landeskirche und Privatdozentin für Praktische Theologie an der Universität in Göttingen. Sie hat die Studie »Faktoren des Kirchgangs« geleitet.
Michael Meyer-Blanck, geb. 1954, lehrt Praktische Theologie an der Universität Bonn; Vorsitzender der Liturgischen Konferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Sonntagsgottesdienst aufgeben?
Uns interessiert Ihre Meinung in der aktuellen Umfrage auf
www.publik-forum.de/umfrage
Nur: Die katholische Kirche wird vermutlich niemals ihre Gottesdienst-Angebote ("Heilige Messe") aufgeben, weil diese für Katholikinnen und Katholiken quasi Pflichtprogramm sind (Pflicht zur Teilnahme an der Sonntagsmesse).
Eine Änderung des katholisch-kirchlichen Angebots dürfte es nur dann geben, wenn die schwindende Anzahl katholischer Pfarrer/Priester/Kleriker so weit geschrumpft ist, daß die Kirchenoberen ihr "Pflichtprogramm" aus Personalmangel drastisch reduzieren müßten. Und das dürfte schon bald der Fall sein.
Man darf gespannt sein, ob sich der Vatikan dann endlich für ein Frauen-Priestertum in die Pflicht nehmen läßt. Ansonsten sägen die Verantwortlichen den Ast, auf dem sie noch immer recht bequem sitzen, kurzerhand ab. Was danach kommt? Das weiß offenbar niemand...
Auch dann könnte es verlässliche Regelmäßigkeiten geben: 1 Gd für alt u. jung (beim "Familiengd." fühlen sich ältere Alleinstehende
ausgeladen),1 medidativer, 1 musikalischer, 1 diakonischer (evtl. mit anschließenden Besuchen), 1 Gesprächs-Gd., ein Gd.z.B. mit Tischabendmahl...könnten sich abwechseln
Der Sonntagsgottesdienst sollte nicht unbedingt in der Vollform begangen werden - in jeder Kirche sollte zur festen Zeit eine sonntägliche Begegnung stattfinden können - die Kirchen als Freiräume erleben lassen - auch das nach dem Maß des Evangeliums - und manchmal eben ein "amtlicher" Gottesdienst
Aber lebendige Gruppen und Gemeinden legen selbst fest, wie oft, wann und wozu sie sich treffen...KirchenbeamtInnen sind dazu nicht unbedingt nötig.
Es ist sehr schade, dass nicht mehr diese Möglichkeit nutzen.
Ich kann es nur empfehlen, an dem sonntäglichen Gottesdienst teilzunehmen. Es gibt mir persönlich viel und ist sehr oft ein Denkanstoß.
Viele Gemeinden haben sehr gute PastorInnen. Einfach mal reinhören und gucken.
Zudem sollten wir neben dem Sonntagsgottesdienst aus dem reichen Fundus der christlichen Kirchen schöpfen und andere, vor allem in Sprache und Musik moderne Formen "investieren"! Die liturgische Form wird vielfältiger werden müssen - und auch weiblicher. Aber da ist ja der nächste dogmatische "Brocken".
Die Frage nach dem Gottesdienst ist die eine ganz wesentliche im Glaubensvollzug und sie ist mit so viel Angst (der Kirchenleitungen) besetzt, dass das Wesentliche aus dem Blick gerät: der Mensch, der Bruder Jesu, in Frau und Mann!
Alois Dorner
Es geht im beruflichen Umfeld, warum nicht auch im privaten?
Auch ökumenische Gottesdienste sollte es viel öfter geben, damit unser Christentum glaubhaft wird.
Ebenso würde ich es begrüßen, wenn öfters auch Motto-Gottesdienste, z.B. mit Musik, zu gesellschaftlichen Themen, zu umstrittenen Glaubensfragen stattfinden, gern auch nicht unbedingt zu üblichen Godi-Zeiten!
Die Gemeinde soll als Ort der Gemeinschaft, des vertrauenvollen Austausches von Lebensfragen sein!
Besonders gilt es, die jungen Leute wieder in diese Gemeinschaft zu holen, ihre Fragen und ihre Kritik ernst zu nehmen!
Nur eine lebendige Kirche ist attraktiv, nicht eine erstarrte, in Gewohnheiten fixierte....
Und Regio- Gottesdienst sind für die Pfarrer eine faule Ausrede. Wenn die Pfarrer wöchentlich ihre Gottesdienste vorbereiten, bekommt ihre Woche einen Leitfaden.Kirche darf nicht bequem werden.
Was sollte Wesentlicher sein?
Wo trifft die Kirche die großen Zahlen?
Schon der Satz "Es ist absurd (absurd=gesundem Menschenverstand völlig fern) über die Abschaffung des regelmäßigen Sonntagsgottesdienstes nachzudenken" ermuntert nicht gerade mit dem Hochschullehrer zu diskutieren. Wenn solche Theologen weiterhin Meinungsbildner in der evang. Kirche sind; dann gute Nacht evang. Kirche in Deutschland.
Jeder Sonntagsgottesdienst muss in meinen Augen durchzogen sein von der jesuanischen Botschaft, die ausgerichtet ist auf den Menschen. Jeder Sonntagsgottesdienst müsste sich Jesus v. N. zum Vorbild nehmen, wie dieser Menschen in ihren Nöten, Sorgen und Ängsten gegenübergetreten ist, und sich vom Mann a. N. inspirieren und leiten lassen.
Nicht theologische Gelehrsamkeit ist gefragt, sondern Menschenzugewandtheit, Bodenhaftung und Erdverbundenheit. Diakonie muss zur Leitplanke alles Christlichen immer wieder angemahnt und realisiert werden.
Gottesdienst ist Menschendienst und Menschendienst ist Gottesdienst!
Paul Haverkamp
Ich erlebe viele Gottesdienste als "attraktiv", Gemeinschaft und Gemeinde fördernd und persönlich sehr bereichernd; unabhängig davon ob sie obligatorisch sind, sprich, jeden Sonntag von jedem Gläubigen besucht wird. Die Gestaltung und Attraktivität, das Wesentliche liegen nicht zuletzt an uns gläubigen Laien selbst. Es geht nicht um die Verlässlichkeit der Kirche (Sonntag, 10 Uhr etc.), sondern um das Engagement des Einzelnen. Kirche, das sind WIR, der frei zu gestaltende Sonntag gehört uns.
Es besteht die Gefahr, dass der Sonntag seine soziale, kulturelle, gesellschaftliche und spirituell-religöse Stellung verliert und zum Werktag (Werkzeug) der Wirtschaft mit Sonntagsarbeit und des Handels mit verkaufsoffenen Sonntagen wird.
und insbesondere der Pseudobefriedigung durch Konsumtion und materielle Werte.
Auf dem Feld der Kunst in der Kirche könnten sich Menschen wieder ein Stück für die christliche Botschaft sensibilisieren lassen. Gerade weil die Botschaften der Kunst auf nicht verbalem Weg vermittelt werden und so die Reibung mit den traditionell besetzten Begriffen der religiösen Verkündigung umgangen wird.
Dies kann nicht der einzige Weg sein, um die Erosion des Stellenwertes der christlichen Kirchen in unserer Gesellschaft aufzuhalten, aber vielleicht einer.
ein Herr, ein Glaube, eine Taufe" (Eph 4,4-5).
Dieser Gottesdients soll Mittelpunkt und Impulsgeber sein/werden, (atmende Funktion) - Rückbindung , Rückmeldung der einzelnen Kreise, Gruppen und Sendung in die Aufgaben der neuen Woche.
Die Frage, wie wir Jugendliche, Junge Erwachsene und Familien dabei ansprechen können ist für mich zentral!!
Viel Erfolg uns allen
Mit freundlichen Grüßen und danke für die Umfrage
Angelika Bollinger
Deshalb meine Idee: 4 Gemeinden bilden einen Zusammenschluss. In jeder Gemeinde wird an einem anderen Sonntag Gottesdienst abgehalten (vielleicht mit besonderen Schwerpunkten / Themen). Die Orte und Zeiten der Gottesdienste müssten gut kommuniziert werden.
Also: Zeit für das Wesentliche UND Verlässlichkeit der Kirche.
Die Frage stellt sich, wie kann ich die Jugend ansprechen und gewinnen. Die Kirche muß hinaus zu den Leuten! ( was sonst, wenn keiner mehr hingeht)
Jeder Betrieb, Verein ...muß sich Werbestrategien überlegen, um Erfolg zu haben.
Das gilt in Zeiten wie diesen auch für die Kirche!
Die Kirche muß umdenken, und die Zeichen der Zeit erkennen.
LG Valentin Andrej
Kirchentage sind ein weiteres Beispiel
Ja, zu anderen Zeiten, Sonntag 18.00 was auch schon viel gelebt wird.
Die Starrheit des Rituals zu einer festen Zeit wie seit 100 Jahren passt nicht in unsere uns viel Flexibilität abfordernde Gesellschaft
Wenn mir einer erklären könnte, warum dann Jesus Christus selber kein einziges schriftliches selbstverfasstes Wort hinterlassen hat, dann wäre mit Sicherheit schon sehr viel gesagt und erklärt, warum das Christentum so einen falschen Weg eingeschlagen hat.
Mit welchem Akt hat Jesus Christus nur Männer geweiht?
Wie konnte Paulus nur ein Wort von Jesus Christus ganz genau wissen, wenn er ihn doch nicht persönlich kannte? Also da gibt es Fragen über Fragen, die keiner zu 100 % beantworten kann.
Aus meiner Sicht besteht die Gefahr.
Sollte der Sonntagsgottesdienst abgeschafft werden, so fürchte ich, dass eine Verweltlichung unserer Gesellschaft noch weiter überhand nimmt und zusätzlich ein Stück unserer Kultur verloren geht.
Vielmehr sollte es darum gehen, zu überlegen, wie der Sonntagsgottesdienst gestaltet werden kann, dass dieser von den Anwesenden als Bereicherung erlebt wird.
Nach vorne denken und verschiedene Weisen,Gottesdienst zu feiern als Standard! Damit könnte man mich wieder zur Teilnahme gewinnen.
Solange die Standardgottesdienst- Version bedeutet: Predigtgottesdienst am Sonntagmorgen- halte ich es mit Martin Buber: "Ich bin liturgisch abstinent..."
b. im Kreis sitzen, alle auf Augenhöhe, mit Blickkontakt, einander zugewandt, bereit für Gespräche, Singen, soziale Interaktionen. Bereit für neue Rituale - mit neuen geistig-spirituellen Inhalten.......
Martin Luther würde sich im Grabe umdrehen, würde er wissen, was seine Nachfolger machen. Schafft sich die Evang. Kirche jetzt selber ab und ergibt sich dem Zeitgeist?
Die Kirchen haben zur Zeit eine harte Probe. Solche Stürme, die das Schiff Gottes treffen sollen, muss die Kirche insbesondere die EKD ernsthaft dagegen steuern. Es braucht Persönlichkeiten, die klare Kante haben, ein Wischiwaschi, was die EKD macht führt ins Nichts.
Kirchen sind die einzigen, die heute noch Werte haben, die nicht wie Parteien Grundsätze, weil die Zeit es sagt, über Board werfen.
Wer sagt Christsein heute ist einfach, der lügt. Die Methoden derer, die die Kirche zerstören wollen sind moderner geworden, aber nicht weniger gefährlicher als in den letzten 2000 Jahren.
Der Vorsitzende der EKD sollte diesem Spuk grundsätzlich ein Ende setzen.
Für mich ist diese Stunde Zeit eine Stunde nur für mich. Keine Störung von außen, keine Ausrede ist nötig, diese Zeit steht mir zu!
Die Kraft und Energie aus der kurzen Zeit trägt mich oft durch die ganze Woche.
Sonntag ist für uns Christen der Ruhetag, an dem wir die Auferstehung Christi(für uns!) feiern.
Das gibt der Arbeitswoche ihren Rhythmus. Wir stehen damit in einer langen Tradition, die wir bitte auch fortführen sollen, statt die Sonntagsruhe immer weiter aufzuweichen und auszuhöhlen.(Z.B. durch verkaufsoffene Sonntag etc.)
Sparsamkeit ist ein schlechtes Argument zur Abschaffung des Sonntagsgottesdienstes.
Besser ist es, Präsenz zu zeigen und einladende Gemeinde Christi zu sein, in der jede/r willkommen ist, auch in neueren Formen, mal zur Abwechslung.
Nicht die Form ist das Wichtigste, sondern der Inhalt, dass uns Jesus Christus gepredigt wird und Gottes Taten für uns. Und dass ein Bezug zum Leben hergestellt wird.
Wenn es nur noch 4 oder 5 Gottesdienstteilnehmer am Sonntagmorgen sind, würde ich den Gottesdienstort oder den Wochenrhythmus auch verändern.
Neue Formen versuchen wir seit Jahren, jedoch ohne durchschlagenen Erfolg.
"Gott loben, das ist unser Amt", das tun wir weiterhin, mit Formen vor Ort, die angenommen werden, aber an Sonntag 10 Uhr halten wir fest.
Pfarrer Wolfgang Marquardt, Stuttgart-Gaisburg
Die Verkündigung der Worte Jesu, ohne menschliches Beiwerk, muss wieder in den Vordergrund gerückt werden. Dafür eignet sich der Sonntag ganz besonders gut, da sonntags die meisten Menschen auch Zeit dafür haben. Die Apostel haben auch keine Messe gefeiert, wie es heute der Fall ist. Sie hielten mit Gott das Abendmahl; sie kommunizierten mit Gott, und konnten das Empfange Wort weitergeben und im Gedächtnis an IHN den rechten Gottesdienst erfüllen.
Wir müssen den Sonntag in Ehren halten und mit ihm die Worte, die ER auf Erden zu den Menschen gesprochen hat. Zu diesem Abendmahl müssen wir die Mitmenschen wieder einladen. So sollte auch heute wieder sonatags der Gottesdienst gehalten werden.
Wichtig finde ich, dass GemeindeleiterInnen Zeit und Lust haben bei den Menschen zu sein. Gute Theologie und Predigt ist das Eine. Das Andere ist das Hirte-Sein. Das verstehen, was die Menschen im Stadtteil lieben und leben. Da präsent sein und schauen, was Menschen brauchen. Dann kann es doch mal sein, dass ein Sonntagsgottesdienst ausfällt, weil vielleicht am Montag-Abend ein Gottesdienst in einem Krankenhaus oder einem Gefängnis oder in einer Selbsthilfegruppe oder, oder, oder ... , volle Aufmerksamkeit und Präsenz erfordert. Nicht nur für eine Stunde Gottesdienst sondern auch in den damit verbundenen Begegnungen und Veranstaltungen davor und danach.
Valery Tscheplanowa, die heurige Darstellerin der Buhlschaft im Jedermann, offenbart im Interview ihre Schwierigkeiten mit dem Gottesverständnis, das dieses Stück durchzieht. Ich denke, da ist sie bei weitem nicht allein. Ich habe den "Jedermann" vor einigen Jahren auf einer kleinen Freilichtbühne in Mödling gesehen. Die meiste Übereinstimmung zur Aussageabsicht des Stücks sah ich noch darin, dass es teuflisch ist, jemand als Fixkandidat für die Hölle zu bezeichnen. Wäre ich in der Verlegenheit, dieses Stück inszenieren zu sollen, würde ich wohl eine Anleihe bei Jacques Offenbach nehmen und die Partie des Teufels von der veröffentlichten Meinung vortragen lassen, mit Anspielungen auf Boulevard, Facebook und Twitter.