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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 21/2020
Der Inhalt:

Pro und Contra
Brauchen wir mehr Autobahnen?

vom 03.11.2020
Für den Weiterbau der A49 durch Hessen wird der Dannenröder Forst gerodet. Ein Streit über neue Autobahnen ist entbrannt. Das Bundesverkehrsministerium plant bis zum Jahr 2030 insgesamt achtzig Neubauprojekte. Muss man am Bau neuer Trassen festhalten?
Streitpunkt Autobahn: Fluch oder Segen? (Foto: istockphoto/Bertlmann)
Streitpunkt Autobahn: Fluch oder Segen? (Foto: istockphoto/Bertlmann)

Oliver Krischer:

Nein, besser die
Bahn ausbauen

In den vergangenen Jahren hat der Bund doppelt so viel Geld in den Straßenbau gesteckt wie in die Schiene. 2019 wurden 232 Kilometer Bundesfernstraße neu- oder ausgebaut – bei gerade einmal sechs Kilometern neuen Schienen! Obwohl Deutschland eines der am besten ausgebauten Straßennetze der Welt hat, will die Bundesregierung diese Entwicklung fortsetzen.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 21/2020 vom 06.11.2020, Seite 8
Machtlos mächtig
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Die Verkehrsplanung der Bundesregierung zementiert für die nächsten zehn Jahre zahllose Straßenprojekte und konterkariert die deutschen Klimaziele. Für neue Autobahnbauprojekte dürften in den nächsten Jahren rund 25 Milliarden Euro reserviert sein. Ein riesiger Geldberg ohne einen größeren für mich erkennbaren Nutzen. Dabei muss der Verkehrssektor auch einen substanziellen Beitrag zur Lösung der Klimakrise leisten. Nötig ist ein neuer Bundesverkehrswegeplan, der dem Klimaschutz Rechnung trägt. Statt immer mehr Autobahnen zu bauen, muss der Fokus auf einem massiven Ausbau von Bus und Bahn, der Stärkung des Radverkehrs und vernetzter Mobilitätsangebote liegen.

Die Planungen für Autobahnen und Bundesstraßen müssen grundsätzlich auf die Einhaltung der Klimaziele, Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit überprüft werden. Bis es so weit ist, bedarf es eines Moratoriums für den Neubau von Autobahnen und Bundesstraßen. Selbstverständlich gibt es im Einzelfall auch sinnvolle Straßenbauprojekte, die etwa gefährliche Ortsdurchfahrten entlasten. Aber die Anforderungen von Klimaschutz und moderner Verkehrspolitik lassen es nicht zu, dass weiterhin Milliarden Euro in neue Straßen gesteckt und sie verschwendet werden. Wer Straßen baut, wird nichts ernten als neuen Verkehr.

Alois Rainer:

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Ja, wir brauchen
individuelle Mobilität

Mit ihrer Forderung nach einem Baustopp für Autobahnen und Bundesstraßen haben die Grünen ihrem Ruf als Verbotspartei wieder mal alle Ehre gemacht. Dabei geht es den Grünen nicht wirklich um Straßen – sie wollen das Auto treffen. Und wenn es nicht möglich ist, das Auto zu verbieten, dann soll zumindest das Autofahren erschwert werden. Begründet wird das mit dem Umwelt- und Klimaschutz.

Ich bin überzeugt, dass das der falsche Weg ist. Straßen sind kein Selbstzweck, sie bedeuten Teilhabe und Wohlstand für Millionen von Bürgerinnen und Bürgern, vor allem auf dem Land. Das Autofahren ist für zahlreiche Pendler jeden Tag eine absolute Notwendigkeit. Die Autoproduktion sichert zudem Arbeitsplätze für Tausende von Menschen. Mit einem pauschalen Verbot von neuen Autobahnen und Bundesstraßen würden wir all das infrage stellen. Wir könnten keine Autobahnen mehr ausbauen, damit Pendler schneller und ohne Staus zur Arbeit kommen. Wir könnten keine neuen Straßenprojekte mehr verwirklichen, damit die Menschen gut an das Verkehrsnetz angebunden werden und sich auch auf dem Land Unternehmen ansiedeln können. Und wir könnten keine Ortsumfahrungen mehr bauen, um die Menschen in den Ortschaften von Verkehr und Lärm zu entlasten.

Damit all das möglich bleibt, kommt es darauf an, Lebensqualität und Umweltschutz zusammenzubringen. Neben Bussen, Bahnen und Fahrrädern gehört auch in Zukunft das Auto dazu. Wir müssen also darüber reden, wie wir Innovationen voranbringen und das Autofahren sauberer machen können – mit der Förderung von synthetischen Kraftstoffen, Brennstoffzellen und Batterieantrieben. So verteidigen wir zugleich das Recht der Menschen auf individuelle Mobilität. Verbote tun dies nicht.

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Brauchen wir mehr Autobahnen?

Für den Weiterbau der A49 durch Hessen wird der Dannenröder Forst gerodet. Ein Streit über neue Autobahnen ist entbrannt. Das Bundesverkehrsministerium plant bis zum Jahr 2030 insgesamt achtzig Neubauprojekte. Muss man am Bau neuer Trassen festhalten?
21 x Ja, wir brauchen individuelle Mobilität
240 x Nein, besser die Bahn ausbauen
insgesamt abgegebene Stimmen: 261
92%
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Reinhold Gieringer 16.11.2020, 18:23 Uhr:
Die Argumente von Oliver Krischer sind wesentlich überzeugender; vor allem muss der öffentliche Personenverkehr ausgebaut werden. Alois Rainer, vereinfacht stark, behauptet Dinge, die so nicht im Raum stehen; seine Argumentation ist populistisch.

Angelika Denig 15.11.2020, 20:28 Uhr:
Alois Rainer erfüllt alle Vorurteile gegen über den Grünen als Verbotspartei. In einer Podiums-Diskussion mit Anton Hofreiter ist nie das Wort "Verbot" gefallen, ganz gleich, um welches Thema es ging. Ja, wir brauchen individuelle Mobilität durch Ausbau der Bahn! Iindividuelle Mobilität heißt nicht "Auto", sondern auch Fahrrad und zu Fuß. Ich fühle mich "individuell" unterwegs, auch wenn ich die öffentlichen Verkehrsmittel nehme. Aber gerade darum müssen diese ausgebaut werden, insbesonder abseits der Großstadtregionen. Da ich im Einzugsbereich einer Großstadt lebe, mit einem guten Angebot des öffentlichen Verkehrs, bevorzuge ich in Regionen, in denen nur jede Stunde ein Bus oder Zug fährt, das Auto. Hier muss etwas getan werden. Es muss aber auch bedacht werden, dass Gewohnheiten nur langsam aufgegeben werden. Es dauert, bis eine neue Buslinie angenommen wird.

Hans H. Hanebuth 15.11.2020, 08:48 Uhr:
Die Argumentation des Herrn Rainer könnte man fast demagogisch nenn. Hier nur drei Beispiele:
- Grüne gleich Verbotspartei;
- Autoproduktion sichert Arbeotsplaätze;
- Lebensqualität und Umweltschutz zusammenbringen;
und nicht zuletzt:
verteidigen des Rechtes der Menschen auf individuelle Mobilität.
Klingt hergesucht. Aber unser Recht auf all das, was Herr Rainer fordert, wird auf dem Rücken Anderer durchgesetzt, die keine Möglichkeit haben, ihr Recht auf eine saubere Umwelt durchzusetzen, weil unsere Gesellschaft ihre Lebensgrundlagen zerstört durch Abbau von Rohstoffen, die unsere Autoindustrie – und nicht nur die – braucht zur Produktion Sauberer Autos. Die Infragestellung dieses Verhaltens hat rein gernichts mit Verboten zu tun. Da Herr Rainer Mitglied der CSU ist, sollte ihn die sollte er sich für das Wohlergehen der ganzen Menschheit ebenso verantwortlich fühlen wie für das des "christlichen" Deutschlands.

Wilhelm Nestle 14.11.2020, 20:14 Uhr:
Alois Rainer benützt sein Votum, um die Grünen als Verbotspartei abzustempeln. Er hat es nicht nötig, genau hinzusehen, was Oliver Krischer wirklich sagt. Der versteht seine Forderung nach einem Baustopp nicht als Verbot sondern als Moratorium. Tatsache ist, dass auch Deutschland die Pariser Klimaziele nicht erreichen wird, wird, wenn alles so weiter läuft wie bisher. Da erscheint mir Innehalten, Nachdenken und das gegenseitige aufeinander Hören das Gebot der Stunde zu sein. Technische Innovationen allein werden die Erderwärmung nicht rechtzeitig aufhalten. Auf der anderen Seite müssen wir auch im Blick behalten, wie unsere Wirtschaft existieren kann. Wenn wir den Ernst der Lage erkennen, werden wir noch viele Möglichkeiten entdecken, beiden Anliegen gerecht zu werden.

Elmar Marsiske 13.11.2020, 14:31 Uhr:
Wir brauchen eine neue Mobilität mit mehr ÖPNV, Radwege und sichere Wege für Fussgänger.Jede neu gebaute Autobahn ist eine zu viel. Instandhaltung der Autobahnen ja, aber kein Neubau mehr.
Wann beginnt endlich ein Umdenken in unserer Gesellschaft? Wir sollten uns der "neuen Realität" bewusst werden.

Georg Lechner 10.11.2020, 18:18 Uhr:
Schon wegen des Flächenverbrauchs sollten keine weiteren Autobahnen gebaut werden.

Michael Heinrich 10.11.2020, 14:07 Uhr:
Selten habe ich solch groben Unfug eines Politikers gelesen. Die Grünen sind also eine "Verbotspartei"? Und für Berufspendler ist das Autofahren eine absolute Notwendigkeit? Der mobile Individualverkehr ist nicht die Lösung, sondern Teil des Problems! Mit einem gut ausgebauten Bahnnetz und ordentlich getakteten Zügen braucht es auch kein Auto; Pendler kommen ausgeruhter zur Arbeit und wieder nach Hause! Außerdem: Die Arbeit muss zu den Bürgern, nicht umgekehrt! Und das ist nicht in jedem Fall unmöglich, ziemlich sicher aber in der Automobilindustrie, die lt. Alois Rainer, niederbayerischer CSU-Bundestagsabgeordneter, Tausenden von Menschen den Arbeitsplatz sichert! Und es gibt tatsächlich ein Recht auf individuelle Mobilität? Auch auf Stadtpanzer (will heißen: SUV) übermotorisierte 3-Liter-Autos (nicht Verbrauch, sondern Hubraum, speziell im Geschäftswagenbereich!) sowie den Zweit- oder gar Drittwagen? Ist die Umwelt erst ruiniert, helfen übrigens auch keine Arbeitsplätze mehr.

Otto Quaing 09.11.2020, 10:07 Uhr:
Natürlich freut sich der tägliche Berufspendler, wenn er auf einer leeren Straße schnell zu seienr Arbeit ohen wieder nach Hasue kommt. Und der Urlauber dreut sich, wenn er möglichst schnell sein Ziel ohne staus und Geschwindigkeitsbeschränkungen erreicht. Aber jeder Fahrzeugführer muss auch daran denken, wie teuer die Zeitersparnis erkauft wird: Millionensummen, Durchschneidung von Naturschutzgebieten, immenser Flächenverbrauch, mehr Lärm und Abgase durch mehr Verkehr und höhere Geschwindigkeiten. Und wenn eine Wende in der Verkehrspolitik erreicht werden soll, muss diese bei den regionalen Projekten beginnen. Sonst kommt sie nie! Große Ankündigungen sind hohle Phrasen, wenn man vor Ort so weiter macht wie bisher!

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