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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 1/2021
Der Inhalt:

Pro und Contra
Kann Joe Biden die USA versöhnen?

vom 12.01.2021
Die Vereinigten Staaten von Amerika sind gespalten wie selten zuvor. Dass Trump-Anhänger das Capitol gestürmt haben, ist der radikalste Beleg dafür. Viele fühlen sich abgehängt und sind unzufrieden, andere kommen mit dem Bestehenden klar. Kann der neue Präsident die Gräben zuschütten und das Land einen? Stimmen Sie hier ab.
Joe Biden am 6. Januar 2021 im Queen-Theater in Wilmington, Delaware (Foto: pa/ap/Walsh)
Joe Biden am 6. Januar 2021 im Queen-Theater in Wilmington, Delaware (Foto: pa/ap/Walsh)

Gayle Tufts:

Ja, das ist zu schaffen!

Ich gebe zu: Joe Biden ist für viele MAGA-Caps (»Make America Great Again«) tragende Trump-Wählerinnen und -Wähler so beliebt wie Christian Drosten auf einer Querdenker-Demo. Dennoch bin ich optimistisch. Die Stichwahl in Georgia ist ein Lichtschimmer am Ende eines langen dunklen Tunnels. Der Sieg der Demokraten dort gibt Biden gute Chancen, die USA zu versöhnen. Mit der Demokraten-Mehrheit kann er mit dem Kongress nachhaltig Veränderungen schaffen.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 01/2021 vom 15.01.2021, Seite 8
Hinterm Horizont
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Viele Amerikaner sind total ausgebrannt – egal, in welcher politischen Realität sie leben. Die Leute haben genug von der Endlosschleife aus hasserfüllten Tweets, Golfrunden und Telefon-Wutanfällen inmitten einer Pandemie mit mehr als 21 Millionen Corona-Fällen und bisher 360 000 Toten. Alle Amerikaner brauchen Aktionen gegen Covid und für Jobs und Gerechtigkeit. Sie brauchen Hilfe. Joe Biden – mit seinen 78 Jahren weniger Commander-In-Chief als viel mehr Everybodys Opa – hat das Durchhaltevermögen, diese Hilfe zu liefern. Seine Biografie voller schmerzhafter Schicksalsschläge bringt Empathie und Mitmenschlichkeit zurück ins Weiße Haus. Biden wird zum Chef-Heiler, Paartherapeuten und Haupt-Versöhner werden. Zusammen mit der ersten weiblichen Person-of-Color Vize-Präsidentin Kamala Harris hat er ein diverses, inklusives Kabinett-Team um sich. Und er bringt sogar die Tierliebe zurück nach Washington. Biden ist Herrchen zweier deutscher Schäferhunde: Champ und Major. Champ hat jetzt einen eigenen Twitteraccount, auf dem er erklärt, wie er zu seinem Namen kam. Er geht zurück auf ein Zitat von Joe Bidens Vater: »Champ, when you get knocked down, you get back up.« Einen Stehauf-Menschen – und -Hund – kann Amerika gut gebrauchen.

Nettie Hendricks:

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Nein, die Kluft
ist zu groß!

Für Amerikaner im Ausland, die das Geschehen in der Heimat beobachten, ist es beunruhigend zu sehen, wie die Kluft zwischen unseren Landsleuten immer tiefer wird. Kann ein Präsident sie schließen? Kann insbesondere Joe Biden die Amerikaner wieder zusammenbringen? Er selbst war als Kandidat ein Kompromiss. Eher einer, an dem am wenigsten zu beanstanden war und mit dem die Demokraten hofften, genügend Republikaner würden ihn dem skandalgeplagten Trump vorziehen. Ihre Wette zahlte sich aus, und vielleicht wird Biden während seiner Amtszeit weitere zehn Prozent der Trump-Anhänger für sich gewinnen. Seine Aufgabe wird dadurch einfacher, dass ein Teil der Trump-Wähler diesen nie wirklich gewollt hat. Selbst über Richard Nixon – bevor er wegen Watergate in Ungnade fiel – sagten mehr Leute, er mache einen guten Job, als dies Trump bescheinigt wird. Doch trotz aller Beweise für Trumps demokratieschädliche Machenschaften glauben noch dreißig Prozent der Bevölkerung an den lügenden, narzisstischen Ex. Die Seufzer der Erleichterung aber, die nach der Wahl vernehmbar waren, resultierten im Wesentlichen nur daraus, dass Biden nicht Trump ist – kein Zeichen seiner Überzeugungskraft.

Sicherlich wird Biden, anders als Trump, versuchen, die Amerikaner zusammenzubringen. Vielleicht wird sein Wunsch, das Land wieder zu vereinen, in fernen Jahren Früchte tragen, in denen diejenigen das Land führen werden, die heute eingeschult werden. Kurzfristig jedoch ist das Zusammenkommen der beiden politischen Lager ungefähr so wahrscheinlich, wie wenn Löwe und Lamm für immer feste Freunde würden. So gut ein Präsident Biden auch sein mag, es sieht nicht so aus, als ob die Nation die frühere Kriegspropaganda noch verkörperte: »United we stand.« Es bleibt die Gefahr: »Divided we fall.«

Die Umfrage ist vorbei: so haben unsere Leser abgestimmt!

Kann Joe Biden die USA versöhnen?

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind gespalten wie selten zuvor. Dass Trump-Anhänger das Capitol gestürmt haben, ist der radikalste Beleg dafür. Viele fühlen sich abgehängt und sind unzufrieden, andere kommen mit dem Bestehenden klar. Kann der neue Präsident die Gräben zuschütten und das Land einen? Stimmen Sie hier ab.
36 x Ja, das ist zu schaffen!
25 x Nein, die Kluft ist zu groß!
insgesamt abgegebene Stimmen: 61
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Gustav Haab 19.01.2021, 18:01 Uhr:
Ich bin normalerweise positiv gestimmt, jetzt aber sehr skeptisch! Offensichtlich hat Amerika seine geschichtliche und politische Vergangenheit nicht ausreichend aufgearbeitet - ähnlich wie bei uns. Die Parallelen der jüngsten Vergangenheit - Verletzung der Bannmeile in Berlin und Stürmung des Kapitols - lassen Schlimmes befürchten! Die mediale Veränderung unserer Gesellschaft und damit die kommunikative Beeinflussung sind durch die social Media Komplexe in ein Fahrwasser geraten, die allgemein zur Verunsicherung der Gesellschaft beitragen! Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein neu gewählter Präsident das innerhalb einer Legislaturperiode richten kann - selbst wenn er dies mit aller Kraft will!

Karl Maucher 19.01.2021, 08:43 Uhr:
Die Gesellschaft ist gespalten und bleibt gespalten.
Ich sehe Gemeinsamkeiten zum Beispiel zwischen den USA, Polen, Ungarn, auch Deutschland –
die „liberalen Eliten“ rümpfen sich über die „Normalbürger“ mit ihren Sorgen und Nöten die Nase.
In Polen und Ungarn sind die „liberalen Eliten“ zurückgedrängt.
Solange die Demokraten sich nicht um die Sorgen des „abgehängten Mittelstandes“
annehmen, bleibt die Gesellschaft gespalten.
Joe Biden muss an vielen Baustellen arbeiten wie zum Beispiel Bildungsgerechtigkeit, Arbeitsplätze,
Rassismus, Steuergerechtigkeit, … .
Fazit: Nur wenn sich die Demokraten gewaltig ändern, können sie die Spaltung verringern.

Georg Lechner 14.01.2021, 09:22 Uhr:
Hinsichtlich der Kluft darf man nicht vergessen, wer daran ein Interesse hat (die Leugner des menschengemachten Klimawandels und sonstige Besitzstandswahrer unter den Reichen) und es mit finanziellem Einsatz und medialer Hilfe verfolgt. Deren mediale Arme reichen auch nach Europa, man braucht sich nur die Kommentare bekannter Anhänger rechter Parteien zur Sperre von Trump durch Twitter und Facebook ansehen. Auch an die Gülle aus dem Boulevard ist zu denken, die eine transatlantische Herkunft nicht verleugnen kann.

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