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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 1/2022
Der Inhalt:

Pro und Contra
Soll Paragraf 218 abgeschafft werden?

Die Regierung will das »Werbeverbot« für Abtreibungen (§219a StGB) streichen. Eine Kommission soll prüfen, ob Schwangerschaftsabbrüche generell neu geregelt werden sollen. Derzeit verbietet §218 Abtreibungen, gewährt aber Straffreiheit, wenn die Schwangere eine ergebnisoffene Beratung annimmt. Sollte auch dieser Paragraf gestrichen werden? Stimmen Sie ab!
vom 11.01.2022
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Umstritten: Paragraf 2018. (Foto: pa/ZB/Steinach)
Umstritten: Paragraf 2018. (Foto: pa/ZB/Steinach)

Sabine Demel:

Nein, Abtreibung ist kein Menschenrecht!

Dass es immer weniger Ärztinnen und Ärzte gibt, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, ist problematisch. Und dass sie von manchen Kreisen stigmatisiert werden, ebenso. Aber: Abtreibung ist kein Menschenrecht. Und deshalb auch nein: §218 StGB darf nicht abgeschafft werden! Denn so, wie er seit 1995 formuliert ist, ist er einzigartig in Europa – einzigartig genial. Warum? Weil sich der deutsche Gesetzgeber nicht mit der einfachen Lösung des Entweder-oder begnügt, entweder nur das Lebensrecht des Ungeborenen oder nur das Selbstbestimmungsrecht der schwangeren Frau zu schützen. Sondern er wagt es, die Spannung zwischen diesen beiden Rechten auszuhalten, sowohl für das Lebensrecht als auch für das Selbstbestimmungsrecht einzutreten. Das tut er, indem er den Schwangerschaftsabbruch mit einer Strafe bedroht und zugleich Straffreiheit gewährt, wenn sich die schwangere Frau vor dem Schwangerschaftsabbruch der gesetzlich geregelten Beratung gestellt hat. Man kann diese Regelung als Beratungspflicht mit Strafverzicht bezeichnen. Ihr Kernstück ist die zielorientierte und zugleich ergebnisoffene Beratung – zielorientiert für das ungeborene Leben und ergebnisoffen für das Entscheidungsrecht, aber auch die Entscheidungspflicht der schwangeren Frau. Einfach ist diese Regelung nicht, einfach auszuhalten auch nicht. Aber sie trägt am überzeugendsten der Tatsache Rechnung, dass es für die einzigartig komplexe Situation des Schwangerschaftskonflikts keine befriedigende Lösung geben kann, sondern nur eine bestmögliche Bewältigung. Und die besteht eben darin, den Menschen von Anfang an zu schützen, ohne deshalb die schwangere Frau in ihrer Not allein zu lassen oder zu verurteilen.

Hedwig Meyer-Wilmes

Ja, der Frauenleib ist kein öffentlicher Ort!

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 01/2022 vom 14.01.2022, Seite 8
An das Morgen glauben
An das Morgen glauben
Trotz aller Krisen zuversichtlich in die Zukunft

Abtreibung wird in Deutschland als ein »Delikt gegen das Leben«, also direkt hinter Mord und Totschlag gesehen. Diese Gegenüberstellung von Schwangerer und Leben habe ich nie verstanden. Wieso wird das Leben von Frauen immer nur mit Selbstbestimmung assoziiert und der Fötus mit Leben? 1975 stimmte der Bundestag einer Fristenlösung zu, doch das Bundesverfassungsgericht widersprach. Das »ungeborene Leben« habe Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht. 1976 erlaubte das Indikationsmodell einen Abbruch nach einer Vergewaltigung, bei einer Beeinträchtigung des Fötus, bei einer medizinischen Indikation oder wenn eine soziale Notlage vorlag. Die meisten Abtreibungen wurden mit sozialer Not begründet. Anders gesagt: das Selbstbestimmungsrecht von Frauen wurde über einen Umweg im Ansatz garantiert. Es zwang aber abtreibungswillige Frauen, soziale Bittstellerinnen zu werden. 1995 wurde die Beratungsregelung eingeführt. So wurde die Frau zu einer beratungsbedürftigen Klientin herabgewürdigt. Der Staat hat eine Schutzpflicht für Leben und Gesundheit. Aber niemand hat ein Leistungsrecht am Körper eines anderen Menschen, auch der Fötus nicht. Man kann es drehen, wie man will: Die Austragung oder der Abbruch einer Schwangerschaft ist die Entscheidung der jeweiligen Frau. Die zeugenden Männer bleiben in der Rechtsprechung nicht existent und in der Beratung unsichtbar. Man stelle sich vor, auch sie müssten mit unbekannten Professionellen austauschen, was für oder gegen ein Kind in ihrer derzeitigen Situation spricht. Seit 1995 hat sich unsere Gesellschaft rapide verändert. Aber der Unterleib der schwangeren Frau ist ein öffentlicher Ort geblieben, bei dem Staat, Gerichte und Werteinstitutionen mitreden. Ein unhaltbarer Zustand.

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Personalaudioinformationstext:   Sabine Demel, geb. 1962, ist katholische Theologin. Sie ist Professorin für Kirchenrecht in Regensburg und Vorsitzende der Schwangerenkonfliktberatungsstelle »Donum vitae« in Bayern.

Hedwig Meyer-Wilmes, geb. 1953, war Hochschullehrerin für Feministische Theologie in Nijmegen, Gastprofessorin für Frauenstudien in Leuven und ist Kommunalpolitikerin für die Grünen.
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Soll Paragraf 218 abgeschafft werden?

Die Regierung will das »Werbeverbot« für Abtreibungen (§219a StGB) streichen. Eine Kommission soll prüfen, ob Schwangerschaftsabbrüche generell neu geregelt werden sollen. Derzeit verbietet §218 Abtreibungen, gewährt aber Straffreiheit, wenn die Schwangere eine ergebnisoffene Beratung annimmt. Sollte auch dieser Paragraf gestrichen werden? Stimmen Sie ab!
29 x Ja, der Frauenleib ist kein öffentlicher Ort
47 x Nein, Abtreibung ist kein Menschenrecht
insgesamt abgegebene Stimmen: 76
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Julia 05.07.2022, 17:05 Uhr:
Die Tatsache, dass Menschen der Meinung sind Frauen dürfen nicht selbst entscheiden was sie mit ihrem Körper machen ist absurd. Wenn man keine Abtreibung möchte macht man keine. Aber wenn es mir als Frau bewusst ist, dass ich dem "Kind" durch die Geburt nur Schaden zufügen würde dann sollte ich es auch abtreiben dürfen. Und zwar ohne ein verpflichtendes Gespräch. Meine Meinung und Entscheidung würde nicht verändert werden nur weil man mich zwingt einem Arzt/Ärtzin zuzuhören. So viele Kinder leiden, weil ihre Eltern nicht für sie da sind, weil sie hungern und in Armut leben. Wieso richten Abtreibungsgegener ihre Energie nicht auf diese Kinder. Sie sind am leben und brauchen Hilfe. Ein Zuhause und eine Familie. Die sie nur nicht haben, weil ihre Geburt durch Zwang entstanden ist.
Deutschland, als fortschrittliches und einflussreiches Land, sollte eine Zeichen für Frauenrechte setzen. Die Selbstbestimmung der Frau sorgt für die positive Weiterentwicklung der Gesellschaft.

Jutta Wagner 26.01.2022, 11:33 Uhr:
Abtreibung bedeutet,dass (wenigstens) ein Mensch vor der Geburt getötet wird.
" Im Zweifel für den Angeklagten" gilt bei uns vor Gericht.i
Wenn Mann und Frau miteinander neues Leben zeugen, dann ist das kein
Myom oder ein anderer Tumor, sondern ein noch winziger neuer Mensch;
auch wenn manche lieber von Zellhaufen, Schwangerschaftsgewebe, Embryo oder wie Hedwig Meyer-Wilmes vom Fötus sprechen. Jeder Junge,jedes Mädchen startet als Verschmelzung von Ei-und Samenzelle.Außer Zweifel steht auch,dass ein Mensch zu keinem Zeitpunkt unschuldiger und wehrloser ist als vor der Geburt- er/sie hat ja noch nicht einmal die eigene Entstehung verursachen, geschweige denn eine Straftat begehen können.
Somit ist also klar, dass ich Abtreibung ablehne und für den Erhalt des Paragraphen 218StGB bin.
"Mein Bauch gehört mir " - stimmt. Genauso wahr ist, dass das in mir heranwachsende Mädchen einen eigenen Bauch hat, der mir NICHT gehört.

Helene Tschacher 18.01.2022, 13:52 Uhr:
Menschen die Bluttransfusionen, impfen, lebensrettenden Eingriffen widersprechen billigt man dies als Menschrecht zu. Warum gilt dieses Menschenrecht der Entscheidung über den eigenen Körper nicht auch für eine werdenden Mutter/Vater ob sie die Verantwortung für einen Menschen übernehmen können/wollen.

peter kobras 16.01.2022, 15:26 Uhr:
Hallo, ich stimme Frau Meyer-Willmes zu, wenn Sie mehr Mitverantwortung von Männern und eine stärkere Einbeziehung der Männer von Seiten des Staates fordert. Ebenso ist die Schaffung von günstigen Voraussetzungen zum Austragen einer Schwangerschaft und zur Begleitung von heranwachsenden Kindern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, in der Familien und Alleinerziehende viel zu oft und über weite Strecken allein gelassen werden. Nicht einverstanden bin ich mit der Aussage "niemand hat ein Leistungsrecht am Körper". Nicht nur der Unterleib der Frau ist ein "öffentlicher Ort". Die Wehrpflicht ist nur ausgesetzt, nicht abgeschafft; wenn meine Eltern heute pflegebedürftig werden, werde ich in die Pflicht genommen. Der Staat verfügt an vielen Stellen über das Selbstbestimmungsrecht. Genauso wie Eigentum verpflichtet und nicht vollends der Verfügungsgewalt des Individuums unterliegt, kann sich auch der/die Einzelne den gesellschaftlichen Ansprüchen nicht vollständig entziehen. Gruß, Peter

Doris Rüb 15.01.2022, 11:22 Uhr:
Selbstverständlich ist dieEstimmung über den eigenen Körper ein Menschenrecht!

Florian Kren 11.01.2022, 17:07 Uhr:

Klar, dass bei Publik-Forum auch Verfassungsfeinde zu Wort kommen, die ersatzloses wegmit218 fordern, was verfassungsrechtlich nur genau dann zulässig ist, wenn man davon ausgeht, dass ungeborene keine Menschenwürde haben, also wenn man Verfassungsfeind ist.

So als Tipp:

"Die zeugenden Männer bleiben in der Rechtsprechung nicht existent und in der Beratung unsichtbar. Man stelle sich vor, auch sie müssten mit unbekannten Professionellen austauschen, was für oder gegen ein Kind in ihrer derzeitigen Situation spricht."

Wenn an der aktuellen Regelung des Schutzes ungeborener Kinder fehlerhaft ist, dass die Väter der ungeborenen Kinder zu wenig in die Pflicht genommen werden, dann ist die Lösung nicht, die ungeborenen Kinder schutzlos zu machen.

Sondern eben die Väter in die Pflicht zu nehmen.

https://twitter.com/Abtreibpranger/status/1480948955869597701

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