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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 18/2023
Der Inhalt:
Leben & Kultur

Pro und Contra
Wählen schon mit 16?

In vier Bundesländern können Jugendliche ab 16 den Landtag mitwählen. Doch auf Bundesebene bleibt es beim Wählen erst ab 18. Sollte das geändert werden? Diskutieren Sie mit und stimmen Sie ab!
vom 19.09.2023
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Bei der Bundestagswahl und in den meisten Bundesländern dürfen junge Menschen erst ab 18 wählen. Ist das richtig? Oder sollte das Wahlalter gesenkt werden? (Foto:PA/ZB/Sascha Steinach)
Bei der Bundestagswahl und in den meisten Bundesländern dürfen junge Menschen erst ab 18 wählen. Ist das richtig? Oder sollte das Wahlalter gesenkt werden? (Foto:PA/ZB/Sascha Steinach)

Karola Knuth: Ja!

Karola Knuth, geboren 2000, studiert Geographie und Politikwissenschaften. Seit 2015 ist sie bei der BUNDjugend und setzt sich für internationale Klimagerechtigkeit und Jugendpartizipation ein. (Foto: BUNDjugend / Matthias Mueller)Im 19. Jahrhundert lagen die Volljährigkeit und auch das Wahlalter bei 25 Jahren. Mittlerweile erscheint 18 dafür normal. Warum nicht mit 16? Faktisch besagen die Wahlrechtsgrundsätze, dass die Wahl allgemein ist. Damit ist das Erlangen des Wahlrechts ein eigenes Recht und weder an die Volljährigkeit noch an die Strafmündigkeit gekoppelt. Ich kenne keine gute Erklärung, warum junge Menschen vom allgemeinen Wahlrecht ausgeschlossen werden.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 18/2023 vom 22.09.2023, Seite 8
Ihr könnt mir nix
Ihr könnt mir nix
Der Fall Aiwanger zeigt, wie der Populismus triumphiert

Kritik kommt oft von Konservativen. Sie befürchten, in Relation weniger Stimmen zu bekommen, wenn sich mehr junge Wählende beteiligen.

Außerdem gibt es Stimmen, die behaupten, dass die junge Bevölkerung nicht an Wahlen interessiert ist. Warum sollte ich mich für etwas interessieren, an dem ich nicht teilhaben darf? Die Senkung des Wahlalters könnte sogar zur politischen Bildung beitragen und mehr Interesse an Politik wecken.

Ist die junge Generation überhaupt so unpolitisch, wie immer behauptet wird? Spätestens Fridays for Future hat gezeigt, dass die Jugend hoch politisch ist, so, wie viele Generationen vor ihr. Ohne die 14-, 15-, 16-Jährigen, die wöchentlich auf die Straße gegangen sind und gehen, hätten wir keinen EU-Green Deal, kein Klimaschutzgesetz und die Klimakrise würde schlichtweg ignoriert werden.

Durch die ungerechte Beschränkung des Wahlalters auf 18 Jahre können wir Jungen die Zukunft nicht beeinflussen, obwohl wir sie noch am längsten erleben werden. Andere wichtige Dinge dürfen 16-Jährige durchaus entscheiden, beispielsweise den Bildungsweg nach der 10. Klasse. Damit dürfen sie zwar über ihr eigenes Leben bestimmen, nicht aber über die politischen Rahmenbedingungen.

Lobenswert ist, dass 16-Jährige bei den EU-Wahlen 2024 zur Urne treten können. Auch einige Bundesländer zeigen schon, dass das geht. Dort dürfen 16-Jährige auf Landes- und Kommunalebene wählen. Wichtig wäre eine bundesweit einheitliche Regelung, damit demokratische Rechte nicht vom Wohnort abhängig sind.

Aber nicht nur junge Menschen sollen wählen dürfen. Wir müssen auch den rund 11,4 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit und Staatenlosen in Deutschland mehr politische Partizipation ermöglichen.

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Wir von der BUNDjugend setzen uns für echte Partizipationsmöglichkeiten in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Gemeinde und auf Bundesebene ein. Nur so können wir gemeinsam ein Land der Zukunft werden.

Sarah Beckhoff: Nein!

Sarah Beckhoff, geboren 1994, ist Volkswirtin, stellvertretende Kreisvorsitzende der CDU Dortmund und Beisitzerin im Bundesvorstand der Jungen Union. (Foto: Privat)Es sind wenige, laute Stimmen, die eine Herabsenkung des Wahlalters fordern. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat den Über- beziehungsweise Unterbietungswettkampf begonnen, da war die Tinte unter dem Koalitionsvertrag der Ampel, der das Wahlrecht ab 16 enthält, noch nicht getrocknet. Er fordert das Wahlrecht ab 14 Jahren. Aber auf welcher Grundlage? Selbst beim Wahlrecht ab Geburt würde das Argument, dass junge Menschen ihre Zukunft selbst wählen sollen dürfen, greifen. An welchen Anker sollte das Alter für das Wahlrecht geknüpft werden?

Einige Minderjährige setzen sich viel mit Politik auseinander und könnten eine wohl fundiertere Wahlentscheidung treffen als viele Erwachsene. Das spricht allerdings noch nicht für eine generelle Herabsenkung des Wahlalters, denn es sind sozioökonomische Faktoren, die für politische Bildung und Wahlbeteiligung entscheidend sind.

Jedes Alter für ein Wahlrecht, das von der Volljährigkeit mit 18 abweicht, wäre willkürlich gewählt. Wer mit unter 18 keinen Mietvertrag abschließen kann, der sollte auch nicht über die Zusammensetzung eines Parlaments mitbestimmen dürfen, welches sich der Legislativen zuordnet und Gesetze einbringt und verändert. Niedriger kann diese Schwelle bei kommunalen Räten angesetzt werden, die zur Exekutiven gehören und dementsprechend kein Gesetzesinitiativrecht haben.

Das Wahlrecht ist ein ernstzunehmendes Gut. Erlauben wir uns bei der Strafmündigkeit großzügigen Ermessensspielraum nach Jugendstrafrecht, sollten wir von dieser Linie beim Wahlrecht nicht in eine entgegengesetzte Richtung abweichen. Die Verbindung zwischen staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten muss gewahrt bleiben. Hinzu kommt: »Abgeordnete sind Vertreter des ganzen Volkes« (Artikel 38 Grundgesetz), auch des Teils des Volkes, der nicht wahlberechtigt ist oder nicht wählt.

Wählen ab 16 ist nicht nur aus staatstheoretischer Sicht unsinnig. Die Lebensläufe junger Menschen sind heute anders als früher: längere Ausbildungszeiten, spätere Familiengründungen, ein später Eintritt ins Berufsleben. Die Übernahme von Verantwortung für Dritte, aber auch für einen selbst, erfolgt eher später als früher.

Die Herabsenkung des Wahlalters wird im Wahlkampf versprochen und für die Gewinnung neuer Wähler missbraucht. Sie ist für einige Parteien opportun, entbehrt jedoch einer juristischen und auch gesellschaftlichen Grundlage. Seriöse Politik sieht anders aus.

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Personalaudioinformationstext:   Karola Knuth, geboren 2000, studiert Geographie und Politikwissenschaften. Seit 2015 ist sie bei der BUNDjugend und setzt sich für internationale Klimagerechtigkeit und Jugendpartizipation ein.

Sarah Beckhoff, geboren 1994, ist Volkswirtin, stellvertretende Kreisvorsitzende der CDU Dortmund und Beisitzerin im Bundesvorstand der Jungen Union.
Die Umfrage ist vorbei: so haben unsere Leser abgestimmt!

Wählen schon mit 16?

In vier Bundesländern können Jugendliche ab 16 den Landtag mitwählen. Doch auf Bundesebene bleibt es beim Wählen erst ab 18. Sollte das geändert werden? Diskutieren Sie mit und stimmen Sie ab!
41 x Ja!
46 x Nein!
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Gabriel Simon 25.09.2023, 16:18 Uhr:
Ja.
Bezeichnend ist ja schon bei Ihrer pro / kontra - Vorstellung, wer das Nein vertritt. Ein CDU-Mitglied.
Es stimmt, dass konservative Parteien befürchten durch Jugendliche im Ver­hält­nis weniger Stimmen zu bekommen.
Ich bin 64 Jahre alt, und sehe wie wenig Überblick oder Willen sich zu erkundigen, viele meiner gleichaltrigen Mitmenschen haben.

Martin Sirch  24.09.2023, 12:26 Uhr:
Ja, wahlrecht ab 16! Nach jetzigem Recht sind ca. die Hälfte der ErstwählerInnen mindestens schon 20 Jahre alt. Ca. ein Viertel gar schon 22. Jemand, der ausgeschlossen wird, kann man schlecht motivieren sich zu informieren.
Das Argument, junge Leute würden sich zu wenig auskennen, zieht hier gar nicht. Der Anteil derer, die sich nicht oder nur einseitig informieren ist aus meiner Erfahrung in allen Altersstufen zu hoch. Da müsste man ja viele Wählerinnen ausschließen. Wir brauchen die jungen Bürgerinnen, darum müssen sie auch schon ab 16 wählen dürfen. Martin Sirch, 70 Jahre alt.

Johanna Jäger-Sommer  22.09.2023, 15:17 Uhr:
Eine gewisse Reife muss da sein, um die Volksvertreter wählen zu dürfen. Diese Reife wird bei 16jährigen nicht vorausgesetzt, wenn es um die Fahrerlaubnis geht oder die Übernahme von Verantwortung in juristischen Prozessen. Statt die Forderung mancher Parteien nach Vorziehen des Wahlalters vor allen bedeutsamen Wahlen zu unterstützen, sollte mehr Aufmerksamkeit und Geld in die politische Bildung von Jugendlichen investiert werden.

Claudus Hillebrand 21.09.2023, 13:56 Uhr:
Unbedingt. Nicht nur, weil die Politik heute öfter denn je existentielle Weichenstellungen trennen muss für die Zukunft der jungen Menschen, sondern v.a., weil Politik in unserem Land zum allergrößten Teil von alten Menschen für alte Menschen gemacht wird. Das bildet zwar den stetig steigenden Altersdurchschnitt unserer Gesellschaft ab - zukunftsfähig ist es aber nicht! Insbesondere deshalb nicht, weil die junge Generation wichtige Ideen zur Weiterentwicklung ebendieser Gesellschaft beizutragen hat. Gehör findet sie aber kaum in einer parlamentarischen Demokratie, in der diese Altersgruppe völlig unterrepräsentiert ist. Anwaltschaft für ihre Anliegen, Sorgen und Fragen können die jungen Menschen von heute durchaus übernehmen - wir müssten sie nur lassen...

Cornelia Frerichs 21.09.2023, 10:36 Uhr:
Nein!
Ich stelle immer wieder fest, über wie wenig Erfahrung und Überblick unsere jungen Menschen über gesellschaftliche und weltpolitische Zusammenhänge verfügen. Zum einen mag das an der Informations- und Meinungsmacheflut liegen, die heutzutage gerade auf diese Zielgruppe einströmt, zum anderen ist man/frau in dem Alter einfach noch sehr mit sich selbst beschäftigt und wenig im Sinne der Allgemeinheit oder gar altruistisch denkend. Hätte ich mir selbst, obwohl angehende Abiturientin aus einem politisch interessierten und bildungsnahen Elternhaus, den verantwortlichen Umgang mit einem Wahlrecht ab 16 Jahren zugetraut? Aus heutiger Sicht: eher nicht!

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