Norbert Coprays gesammelte Werke (9)
Radikal in der Kritik, gründlich in der Recherche, fundiert in der Argumentation und schonungslos in der Darstellung schreibt Kathrin Hartmann über den »kontrollierten Raubbau«.
Als investigative Journalistin und Autorin ist sie in die Länder und Gebiete des Raubbaus gefahren. Dorthin, wo auch für unseren Bedarf produziert wird, damit wir Zellstoff, Holz, Papier, Palmöl, Tütensuppen und Körperpflegemittel, Tiefkühlkost und Shrimps, Auberginen und Kraftstoffe haben. Sie schonte weder sich, noch schont sie die Leser bei ihren Reportagen und Folgerungen.
Ihre Analyse, »wie Politik und Wirtschaft das Klima anheizen, Natur vernichten und Armut produzieren«, zielt nicht nur auf die konventionelle Wirtschaft. Besonders genau untersucht sie das, was unter anderem Green Economy (Grüne Wirtschaft), biologisch und ökologische Produktion oder nachhaltige Wirtschaft genannt wird. Hartmann entlarvt die Rede vom angeblich »nachhaltigen Palmölanbau« in Indonesien und in anderen Teilen der Erde, wo sich Hersteller und Vertreiber gegenseitig wertlose Zertifikate ausstellen. Sie zerbröselt den Glauben, dass Nichtregierungsorganisationen (NGO) für indigene Menschen in den Raubbaugebieten soziale Vorteile gegen die herrschende Phalanx der Wirtschaftsakteure sichern. Sie zeigt, wie NGOs bisweilen mit Wirtschaftskonzernen unter einer Decke stecken und aufgrund von Zuwendungen und etwas Entgegenkommen ihre hehren Ziele vermindern. Sie beschreibt, wie unter dem Deckmantel von Klimaschutz Menschen ihr Land verlieren, die Natur zum reinen »Rechnungsposten« wird, der angebliche Waldschutz nur der Privatisierung dient, wie brutal Saatgutproduzenten und Gentechnikfirmen vorgehen, wie Landraub als Entwicklungshilfe ausgegeben wird und wie auch Bio-Shrimps Land-, Wasser- und Waldzerstörung bedeuten. Die großen Markenfirmen sind nahezu alle dabei.
Publik-Forum EDITION
»Das Ende des billigen Wohlstands«
Wege zu einer Wirtschaft, die nicht zerstört.»Hinter diesem Buch steckt mein Traum von einer Wirtschaft, die ohne Zerstörung auskommt. / mehr
Ihre Botschaft lautet: »Grünes Wachstum« ist ein Irrtum, auch wenn es so aussieht, als würden Klimarettung, faire, ökologische Wirtschaft und Wachstum im Markt zusammenpassen. Denn so wird der Klimawandel entpolitisiert und zu einem rein technischen Projekt, das den Marktkapitalismus eine große Windung weiterdreht. Das Grundproblem des Wirtschaftskolonialismus wird nicht gelöst. Vielmehr wird »das kapitalistische Wachstumsdiktat« noch weiter verschärft, die Welt aufgeteilt in Gebiete, für die man verschiedene Insellösungen schafft. Der Fortschritt weniger Akteure wird zum Fehlschritt der Menschheit. Den Konsumenten aber wird das Bemühen um eine bessere Welt vorgegaukelt.
Nicht einzelne Verbraucher und Wirtschaftsreformen bringen uns voran. Das ganze System muss geändert werden. Hartmanns Buch ist ein Zwilling von Naomi Kleins »Die Entscheidung« (vergleiche Publik-Forum 5/2015). Umwerfend wichtig.
Thomas Kopfer 28.09.2015:
Aber die Kritiker der Wirtschaft - insbesondere Geistliche und Geisteswissenschaftler - machen es sich oft zu einfach.
Wirtschaften im eigentlichen Sinn bedeutet die Bedürfnisse von Kunden, Lieferanten, Eigentümern unter optimalen Einsatz der Produktionsmitteln wie Arbeit und Kapital zu befriedigen ohne die Ressource Umwelt, wie Rohstoffe oder das soziale Leben dabei zu schädigen oder zu zerstören und dabei ein Resisualeinkommen (Gewinn oder Verlust) für den Eigentümer, Lohn der Arbeier und Nutzen für sonstige Stakeholder zu erwirtschaften.
In der Realität ist das nicht so einfach, wie gesagt, denn dann gäbe es mehr und mehr erfolgreiche Unternehmer, da eben widersprüchliche und sogar uneigentliche Ziele parallel zum Geschäftsmodell verfolgt werden müssen.
Dabei wird schlicht unterschlagen, dass NGO/NPO und Kirchen oder Vereine meist auch Unternehmen sind, die zumindest eine Schwarze Null erwirtschaften (müssen) und selbst auch nicht nur positive Ziele anstreben und verwirklichen.