In Lebensgefahr: Eine Begegnung mit Oleg Orlow
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Um sein Leben hat Oleg Orlow (Foto) nicht nur einmal gebangt. Denn er wurde vom russischen Geheimdienst zum Schwerverbrecher erklärt. Dabei wirkt der Mann mit den sanften braunen Augen eher zerbrechlich. Doch er ist alles andere als das. Oleg Orlow ist einer der bekanntesten Menschenrechtler Russlands, in Moskau leitet er Memorial. Am 14. November kam er nach Deutschland, weil er den Victor-Gollancz-Preis der Gesellschaft für bedrohte Völker für die Arbeit von Memorial entgegennahm. Tags zuvor stand er noch in Moskau vor Gericht. Der 57-jährige Biologe mit dem weißen Haar kämpft für seine Mitarbeiterin Natalja Estemirowa. Die junge Frau war an einem Mittwochmorgen im Juli auf dem Weg zur Arbeit in ihrem Büro in Grosny von Männern in einen weißen Lada gezerrt worden. Kurz darauf fand man sie erschossen auf einer Fernstraße in Inguschetien. Dafür, dass Oleg Orlow den tschetschenischen Präsidenten Kadyrow für den Mord verantwortlich macht, steht er nun vor Gericht. »Noch zwei Tage vor ihrem Tod habe ich mit ihr telefoniert«, sagt Oleg Orlow, und seine Augen leuchten plötzlich. »Es war ein warmer Sommertag und Natascha wie immer fröhlich.« Sie war das achte Todesopfer in diesem Jahr. Auch Oleg Orlow, der schon zu Zeiten der Sowjetunion Flugblätter für Solidarnosc und gegen den Afghanistankrieg verteilte, wurde vor zwei Jahren in einer Novembernacht entführt. »Mit Schalldämpfer liquidieren«, hörte er die maskierten Männer sagen, als er im Schnee lag. Das kannte er. Seit Jahren hat er für Memorial solche Scheinhinrichtungen beschrieben. Anfang der 1990er-Jahre nach den ersten freien Wahlen hängte der verheiratete Mann seinen Job als Biologe an den Nagel, um sich ganz der Menschenrechtsarbeit zu widmen. »Wir brauchen westliche Öffentlichkeit und politische Rückendeckung«, sagte Orlow in Deutschland.