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Ökumenischer Kirchentag 2021
Weltretten für Anfängerinnen

vom 15.05.2021
Wie retten wir die Welt? Diese Frage stellte der Publik-Forum-Workshop auf dem Ökumenischen Kirchentag. Ulrike Guérot, Agnieszka Brugger und Gerhard Trabert waren eingeladen, mit Teilnehmenden gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Moderatorin Barbara Tambour (obere Reihe Mitte) und Gäste (im Uhrzeigersinn) Gerhard Trabert, Jana Rottmann (ÖKT-Team), Ulrike Guérot, Agnieszka Brugger, Franziska Wintermantel (Publik-Forum), Judith Bauer (Publik-Forum), Ulrike Scheffer (Mitte, Publik-Forum)
Moderatorin Barbara Tambour (obere Reihe Mitte) und Gäste (im Uhrzeigersinn) Gerhard Trabert, Jana Rottmann (ÖKT-Team), Ulrike Guérot, Agnieszka Brugger, Franziska Wintermantel (Publik-Forum), Judith Bauer (Publik-Forum), Ulrike Scheffer (Mitte, Publik-Forum)

Alle reden von Corona, doch was passiert mit anderen drängenden Problemen unserer Zeit? Die Demokratie in Europa, der Frieden, die Menschenwürde: Sie brauchen engagierte Menschen, die sich dafür einsetzen, die Welt auf einen guten Weg zu bringen. Um Impulse für die Zukunft und konkrete Ideen ging es beim Workshop »Weltretten für Anfängerinnen«, zu dem Publik-Forum auf dem Dritten Ökumenischen Kirchentag einlud. Fünfzig Teilnehmende und drei Expertinnen und Experten, die seit Jahren daran arbeiten, die Zustände zu verbessern, fanden sich zum digitalen Austausch zusammen. Ulrike Guérot, Leiterin des Departments für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems, Agnieszka Brugger, Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen und Gerhard Trabert, Professor für Sozialmedizin, sprachen zunächst knapp über ihre jeweiligen Ansätze, moderiert von Publik-Forum-Redakteurin Barbara Tambour.

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Wie retten wir Europa? Die Frage ging an Ulrike Guérot, die, wie sie selbst sagt, für Europa brennt. Manchmal frage sie sich allerdings, ob sie angesichts der immer gleichen Probleme nicht eher für Europa verglühe. Trotz teils ermüdender Prozesse sieht sie gerade jetzt eine Chance zur Beteiligung: Die Konferenz zur Zukunft Europas, Anfang Mai feierlich eröffnet, bietet die Möglichkeit, sich über eine Internet-Plattform einzubringen und sein persönliches Statement zu hinterlassen. »Schreiben Sie, was Sie sich von Europa wünschen«, riet Ulrike Guérot den Teilnehmenden.

Wie retten wir die Menschenwürde? Zu dieser Aufgabe nahm Gerhard Trabert Stellung, der sich als Mediziner unter anderem für Wohnungslose engagiert, aber auch von seinen Erfahrungen in europäischen Flüchtlingscamps berichten kann. Auf drei Handlungsebenen müsse etwas passieren: Zum einen gelte es, auf die Kommunikation zu achten. Zu oft werde Benachteiligten verbal eine Schuld an ihrer Lage zugesprochen, etwa wenn von »sozial Schwachen« die Rede sei. Man müsse die Ursachen für Armut und Flucht klar analysieren und dann auch benennen, sagte Trabert. Auf einer zweiten Ebene gehe es darum, Benachteiligten jetzt sofort Hilfe zukommen zu lassen, zum Beispiel, indem man Menschen in sozialen Brennpunkten Zugang zu Impfungen verschaffe. Auf der dritten, strukturellen Ebene gehe es um Strukturen: Erst wenn finanzielle Ressourcen umverteilt würden, sei Hilfe wirklich nachhaltig.

Wie retten wir den Weltfrieden? Dieser Herausforderung stellt sich Agnieszka Brugger, die im Bundestag unter anderem für eine feministische Außenpolitik eintritt. Deren Perspektive richtet sich auf die Bedürfnisse von Menschen anstelle von Staaten, und nimmt marginalisierte Gruppen in den Blick. Brugger ist sicher: Von einer Außenpolitik, die unterrepräsentierten Gruppen eine Stimme gibt, profitieren letztlich alle. Die Erfahrungen zeigten, dass geschlechtergerechtere Gesellschaften auch friedfertiger seien.

Nach knappen Eingangs-Statements verteilten sich die Teilnehmenden auf drei Gruppen, in denen jeweils mit einer der Expertinnen diskutiert wurde. Dort konnten sie miteinander ins Gespräch kommen, Fragen stellen und sich über eigene Erfahrungen austauschen. Die Zeit war knapp bemessen, nur etwa dreißig Minuten standen in den Kleingruppen zur Verfügung. In einem Abschlussplenum wurden die wichtigsten Stichpunkte zusammengefasst.

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Wer repräsentiert eigentlich Europa, die Institutionen oder die Bürger? Das hatte sich die Gruppe um Ulrike Guérot gefragt und diskutiert, wie man eine stärkere Teilhabe der Bürgerinnen organisieren könnte. Ein Teilnehmer warnte davor, Diskurse an die Stelle der Parlamente zu setzen und das EU-Parlament quasi zu entmachten. Auch wurde diskutiert, wie kulturelle Identitäten, Sprache und Staatlichkeit die Repräsentation der Bürger in Europa beeinflussen. Ulrike Guérot sieht darin kein Problem, ihr geht es vor allem darum, allen europäischen Bürgern die gleichen Rechte in allen Lebensbereichen zu verschaffen. Gleiche Rechte bei unterschiedlichen Werten lautet ihr Vorschlag. Diskurse und Dialoge via Bürgerplattformen genügen ihr nicht.

Die Gruppe um Gerhard Trabert sprach darüber, wie sich jeder und jede Einzelne für die Menschenwürde einsetzen kann. Kommunikation sei ein Mittel, Probleme immer wieder ins Bewusstsein zu bringen, und sich an der Seite von Benachteiligten zu positionieren. Sprachlich auszudrücken, dass man anderen auf Augenhöhe und mit Respekt begegne, das sei etwas, was im Alltag passieren kann, so hieß es im Gespräch. Doch was ist strukturell zu tun? Dazu fiel einem Teilnehmer die Klimaklage vorm Verfassungsgericht ein: Die Menschenrechte seien schon da, man müsse sie teilweise aber einklagen. Und Gerhard Trabert verwies auf die Möglichkeit, sich Organisationen wie der Seebrücke anzuschließen, oder auch, die eigene Kommune aufzufordern, Geflüchtete aufzunehmen.

Mit Agnieszka Brugger sprachen die Teilnehmenden darüber, was feministische Außenpolitik bedeutet. Ein Beispiel illustriert die Problemlage etwa in der Entwicklungspolitik: Wo Brunnen gebaut werden, kann diese Unterstützung an denjenigen, für die sie gedacht ist, vorbeigehen. Wenn nicht mitgedacht ist, wie Frauen den Weg zum Brunnen sicher zurücklegen können, geht die Hilfe möglicherweise ins Leere. Diese Lücke versucht der feministische Ansatz zu schließen, indem er die Situation von marginalisierten Personen ins Bewusstsein rückt.

In einer kurzen Stunde konnten Lösungsansätze nur grob skizziert werden. Doch der Austausch unter den Teilnehmenden und mit den Expertinnen zeigte vor allem, dass viele bereits aktiv sind. Manchmal fehlt es an Impulsen und konkreten Ideen, was zu tun ist, um die Welt besser zu machen. Solche Ideen lieferte der Workshop. Zu sehen, dass sich Menschen an vielen Stellen engagieren, ermutigt dazu, weiterzumachen oder neu anzufangen.

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