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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 15/2022
Der Inhalt:

Missbrauchskrise
Der Riss ist tief

Weil Kirchen sich als Orte des Heils verstehen, fällt es Ihnen schwer, traumatisierte Menschen in ihrer Mitte wahrzunehmen. Denn beschädigtes Leben stellt falsche Gewissheiten in Frage.
von Christoph Fleischmann vom 04.08.2022
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Durch Risse kommt Licht: Die Kirchen tun sich schwer mit dieser Einsicht (Foto: Shutterstock / Silvia Aftene)
Durch Risse kommt Licht: Die Kirchen tun sich schwer mit dieser Einsicht (Foto: Shutterstock / Silvia Aftene)
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Niemand habe ihn nach dem Verlust seiner Glaubensgemeinschaft gefragt, erzählt Richard Kick, Mitglied im Betroffenenbeirat der Erzdiözese München-Freising, weder Erzbischof Reinhard Marx, noch das Formular der Kommission, die über die sogenannten Anerkennungsleistungen entscheidet. Niemand habe wissen wollen, »was es für mich bedeutet hat, an meinem Glauben zu zweifeln, aus der Kirche austreten zu müssen, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe«, so Kick bei einer Veranstaltung der Katholischen Akademie in Bayern im Januar dieses Jahres. Akademiedirektor Achim Budde fragt erstaunt zurück, warum er, der im Kontext der Seelsorge missbraucht worden sei, sich nun kirchliche Seelsorge für Betroffene von sexuellem Missbrauch wünsche. Kicks Antwort: Er sei doch gerne Ministrant gewesen, mit seinen Freunden.

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Eckhart Schätzel 09.09.2022:
Den Beitrag von Christoph Fleischmann erlebe ich als nüchterne und dadurch hilfreiche Konfrontation. Seine Sicht auf »die Kirche« aus der Opfer-Perspektive traumatisierter Menschen geht in die Tiefe. Es ist gut, dass der geistliche Schaden zum Thema gemacht wird, den sexueller Missbrauch bei den Opfern angerichtet hat. Fleischmanns Klarstellung: »Die Opfer müssen mit den Sünden der anderen leben« öffnet die Augen für eine Wirklichkeit, die zum Himmel schreit. Dankbar bin ich für die Konkretion im Blick auf das Beten im Gottesdienst: »Gebraucht werden Gebete, die Menschen mitsprechen können, die Schlimmes erlebt haben.« Schade nur, dass die Frage nach dem Heil beziehungsweise nach dem Heilwerden auf das Erleben während des Gottesdienstes eingegrenzt wird. Denn heil werden vor Gott meint zum Beispiel auch die grundlegenden Erfahrungen »Gott liebt seine Kinder«, »Gott nimmt uns an« und »wir Christen erwarten das Reich Gottes« und damit viel mehr als nur die Zusage der Vergebung der Sünden. Ich stimme zu: die Infragestellung der Kirche als »Ort des Heils« ist überfällig, ganz grundsätzlich und auch unabhängig von der Not der sexuell missbrauchten Opfer.

Horst Dittrich 09.09.2022:
Dank der aufschlussreichen Recherchen von Christoph Fleischmann und den klaren Fragen und Antworten im Interview mit Doris Reisinger komme ich zu der ernüchternden Feststellung: Das Projekt Kirche ist gescheitert, und zwar aus dem Grunde, weil das System Kirche auf einem abgründigen Boden steht. Ein System, das aufgrund eines absoluten Glaubensanspruchs notwendigerweise über eine entsprechende absolute geistige Gewalt verfügt. Ein System, in dem Gewaltopfer, zu denen leider auch die Opfer von sexuellem Missbrauch gehören, nun einmal kein Heil finden können.

Dorothea Hoffmann 09.09.2022:
Danke für die Artikel »Der Riss ist tief« und »Die Beichte ist oft ein Einfallstor«. Wieder einmal Dinge, die wir alle wissen, aber manchmal braucht es jemanden, der einem die Augen öffnet. Ich würde mich über mehr Artikel zum Thema spiritueller Missbrauch und Glaubensverlust freuen.

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