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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vom 20.11.2025
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Als Stanislaw Strasburger ein kleiner Junge war, schenkten ihm seine Eltern zu Weihnachten eine große Weltkarte. Sie hängten sie an die Wand in seinem Kinderzimmer in Warschau. Der kleine Junge sah auf seiner Landkarte Berge, Flüsse, Wälder – eine bunte Welt, die allen offenstand. Er sah eine friedliche Welt ohne Hindernisse und ohne Ungerechtigkeiten. Obwohl er die letzten Jahre des Eisernen Vorhangs als Kind miterlebte, prägte ihn diese Karte stärker als die Stacheldrahtzäune und Schikanen in Konsulaten. Heute denkt Stanislaw Strasburger, seine Suche nach Eutopie hat genau hier begonnen.

Mit dieser Geschichte tauchte Stanislaw (Stan) Strasburger, ein Schriftsteller, Journalist und Kulturmanager, plötzlich per E-Mail in unserer Redaktion auf und begeisterte uns für seine Idee, die er Eutopie nennt. Wir lernten einen sympathischen Kollegen kennen, der fernab von allem Kriegsgeschrei von Frieden und Verständigung träumt, er nennt sie »eutopische« Entwürfe und stellt sie in diesem EXTRA LEBEN vor. Ein Beispiel: »Man könnte den Krieg in der Ukraine zum Anlass nehmen, Sicherheitsfragen neu zu denken […] Deutschland könnte hier als ein Land hervortreten, das kreativ aus der kollektiven Weisheit seiner Bürgerinnen und Bürger schöpft. Denn in unserer vielfältigen Gesellschaft mit Menschen aller Altersgruppen, Kulturen und politischen Hintergründen verfügen wir hierfür über unschätzbare Ressourcen. Unter uns sind Aktivisten, Beamte, Militärs, Unternehmer und andere Fachkräfte. Einige haben Erfahrungen aus der alten BRD, andere aus der DDR. Und aus aller Welt. Inklusive Russland, der Ukraine, Israel, dem Libanon, Syrien, dem Irak und so weiter.«

Das hört sich verrückt an in diesen Zeiten. Und gleichzeitig so wohltuend, dass hier mal einer nicht von Krieg, Aufrüstung, Bedrohung, Feinden und Waffen spricht – sondern vom Gegenteil. Und Stanislaw Strasburger ist gar nicht so weit entfernt von Papst Leo XIV. Auch der ist ein bisschen »ver-rückt«. Frieden ist für ihn »unbewaffnet und entwaffnend«. Zu den jüngsten Spannungen zwischen den USA und Venezuela sagt der Papst: »Mit Gewalt gewinnen wir nicht. Wir müssen den Dialog und einen richtigen Weg suchen, um Lösungen für die Probleme zu finden.« Diese Mahnung gilt für alle Spannungen, die drohen, in Kriege auszuarten.

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In diesem Sinne »ver-rückt« war es auch im Jahre 2012, als sich das norwegische Nobelkomitee entschieden hatte, den Friedensnobelpreis an die Europäische Union zu vergeben. Da hieß es in der Begründung unter anderem: »Die Union und ihre Vorgänger haben über sechs Jahrzehnte zur Förderung von Frieden und Versöhnung beigetragen. Seit 1945 ist diese Versöhnung Wirklichkeit geworden. Das furchtbare Leiden im Zweiten Weltkrieg zeigte die Notwendigkeit eines neuen Europa. […] Die Arbeit der EU repräsentiert ›Bruderschaft zwischen den Nationen‹ und entspricht einer Form von Friedenskongress, wie Alfred Nobel dies als Kriterium für den Friedenspreis 1895 in seinem Testament umschrieben hat.«

Ach, kämen sie doch bald wieder zurück, diese glücklichen, friedlichen und »ver-rückten« Zeiten für uns alle, so, wie sie der junge Stanislaw einst auf seiner Weltkarte sah.

Das wünsche ich mir zu Weihnachten.

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