Woher kommt das Böse?
»Die Angst macht böse, nicht die Begierde«

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Publik-Forum: In der Bibel, im Buch Genesis, heißt es, das Trachten des Menschen sei böse von Jugend auf. Ist damit auch der Grundton der christlichen Lehre gelegt?
Matthias Remenyi: Eigentlich ist der Grundton der christlichen Lehre, dass der Mensch gut ist, so wie alles Geschaffene gut ist. »Und Gott sah, dass es gut war«, steht am Ende jedes Schöpfungstages in der Genesis. Und der Mensch ist Abbild Gottes. Das ist die Natur des Menschen. Das Böse wird in der Genesis in Form einer Erzählung reingeholt, die ja kein historischer Bericht ist, sondern die Gegenwart deuten soll: die Geschichte vom Sündenfall. Sie will erklären, warum es nicht nur Leid gibt, das aufgrund der Naturwirklichkeit da ist, sondern auch Leid und Schmerz, das aufgrund des moral
Matthias Remenyi ist Professor für Fundamentaltheologie und vergleichende Religionswissenschaft an der Universität Würzburg und Ständiger Diakon. Zuletzt erschien von ihm ein Predigtband: »Damit wir das Leben haben« (Herder Verlag)
Interview: Christoph Fleischmann und Michael Schrom




Karl Kirch 24.10.2025:
Wie kann man das Böse überwinden? Auf diese Frage antworten Jesus und Paulus: »Überwindet es mit dem Guten.« Professor Matthias Remenyi formuliert das etwas moderner, wenn er sagt, man müsse versuchen, das Böse in die »im Grundsatz gute Welt« zu integrieren. Aber dann kommt der seit Beginn des historischen Christentums übliche Rückzug. Remenyi zeigt sich ratlos: »Das funktioniert so lange gut, wie es abstrakt bleibt.« Und wenn es konkret wird, was dann? Ja dann ist – so die altbekannte kirchliche Ausrede – »eine Handlung moralisch erlaubt, wenn die schlechten Folgen nur ungewollte Nebenfolgen eines größeren Gutes sind«. Der gute Grund ist für ihn die Verteidigung der Ukraine, und die schlechten Folgen, die ungewollten Nebenfolgen, das sind die zahllosen Toten, Verwundeten, die zerstörten Wohnungen, die kaputte Infrastruktur der Ukraine. Remenyi spricht dann von »Tragik«, der man leider unterliege, und von »individueller Schuld«. Wieso eigentlich individuell? Gibt es keine gesellschaftliche, staatliche Schuld? Das »größere Gut« ist doch wohl das uns geschenkte Leben, das Leben eines jeden russischen und ukrainischen Soldaten, das Leben aller getöteten Zivilisten. Dieses »Gut« wird auch bei einem Verteidigungskrieg vernichtet. So können wir das Böse nicht in die gute Welt integrieren. Trotzdem nehmen wir den Krieg als »ungewollte Nebenfolge« in Kauf – aus Angst, unser eigenes Leben zu gefährden. Da gebe ich Ihnen recht: Die Angst macht böse.
Georg Lechner 22.09.2025, 16:49 Uhr:
Ich verstehe ja Gott als Geist (Freiheit der Geringsten in der Gemeinschaft aller - a-theistisch gesprochen als höchste Kulturleistung der Menschheit) und nicht als Person (und schon gar nicht als eine solche Person, die jenseits der Naturgesetze die materielle Welt geschaffen hat). In diesem (meinem) Deutungsmuster ist das Böse die Missachtung der Freiheit der Geringsten (oft genug in Verbindung mit Ängsten, wie etwa vor einem Außenseiterdasein oder vor einem Abgehängtwerden im globalen Monopoly, wie es Goethe im Monolog des Mephisto - Faust I I - thematisiert hat). Es liegt an den Menschen, dass diese Idee der Freiheit weitergetragen wird (das Mitwirken daran lebt nach dem physischen Tod der Person weiter, macht ihre/seine unsterbliche Seele aus).
Auch ich (1951 geboren) begrüße die Aufrüstung nicht (ich finde sie kontraproduktiv), befürworte aber die Unterstützung der Ukraine, die ohnehin vorrangig militärische und industrielle Ziele (Raffinerien, Treibstofflager)bekämpft.