Roman: Karsten Krampitz
In der kirchlichen Nische

Roman. Es gibt viele Romane über die DDR. Doch dieser richtet den Blick auf zwei Randbereiche zugleich: das Leben von Menschen mit Behinderung in der DDR und das Christsein im Sozialismus. Der Berliner Schriftsteller Karsten Krampitz erzählt eine wahre Geschichte: Anfang der 1980er-Jahre zieht eine Gruppe von Menschen mit schweren Behinderungen in das Thüringer Dorf Hartroda. Sie sind nicht dazu bereit, ihre »letzten Jahre voller Sehnsucht den Stationsflur runterzuschauen: umsorgt, entsorgt und entmündigt«. Stattdessen gründen sie eine Kommune in einem alten evangelischen Pfarrhaus, das ihnen die Kirche zur Verfügung stellt. Ihr Anführer studiert Theologie, doch das Pfarramt wird ihm verwehrt. So schart er in Hartroda Freigeister um sich: Punk-Musiker und andere, die dem System abgeschworen haben. »Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung« nennt der Autor diese Gemeinschaft.
Karsten Krampitz, geboren 1969, ist Historiker und profunder Kenner der DDR-Kirche. Seine Dissertation widmete er Oskar Brüsewitz, dem evangelischen Pfarrer, der sich im August 1976 in Zeitz selbst verbrannte. Für seinen Roman hat er umfangreich in Archiven recherchiert und mit Zeitzeugen gesprochen. Er verzichtet auf DDR-Klischees und moralische Belehrungen. Stattdessen schreibt er mit großer Klarheit über Menschen, die unter dem Dach der Kirche das größtmögliche Maß an Freiheit für sich ausloten. Krampitz schlägt einen lakonischen Ton an, der frei von Bitterkeit ist. Die Tragikomödie endet nach der Wende. Die Kommune sucht Kontakt zum »organisierten Gebrechen« im Westen. Was wohl aus den Menschen geworden ist?
? Karsten Krampitz: Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung. Edition Nautilus. 200 Seiten. 22 €




