»Unterschreibe deine Entlassung, bevor Du angestellt wirst«

Publik-Forum: Herr Pfarrer Herrmann, zu Beginn der Corona-Krise gab es viel Anerkennung für Pflegerinnen, Lastwagenfahrer, Erntehelfer, allesamt Berufe, die oft von Migrantinnen oder mobil Beschäftigten ausgeübt werden. Hat Corona zu einer neuen Wertschätzung der Migranten geführt?
Wolfgang Herrmann: Corona hat schlagartig deutlich gemacht, wie wichtig die Menschen sind, die diese sogenannten »einfachen« Berufe ausüben. So wurde zum Beispiel für die Ernte-Arbeiter eine Luftbrücke organisiert. Doch ich bezweifle, dass diese Wertschätzung nachhaltig ist. Wir diskutieren jetzt andere Themen, während die Arbeitsbedingungen in vielen Branchen unverändert sind. In der Fleischwirtschaft hoffe ich allerdings auf eine Verbesserung durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz.
Mit welchen Sorgen wurden Sie besonders häufig konfrontiert?
Herrmann: Die Angst und die Verunsicherung zu Beginn der Pandemie waren riesig. Stellen Sie sich vor, Sie leben in einer Sammelunterkunft auf engstem Raum. Plötzlich ist Nähe gefährlich, es gibt eine Vielzahl neuer Regeln und Angst vor Ansteckung. Ausländische Pflegekräfte, die eine 24-Stunden-Betreuung eines alten Menschen in dessen Wohnung übernommen haben, konnten nicht mehr zurück zu ihrer Familie oder durften nicht mehr nach Deutschland einreisen. Sie standen vor dem Dilemma: Soll ich bei der Person bleiben, die ich hier betreue oder braucht mich meine Familie jetzt dringend zu Hause? Lkw-Fahrer klagten über geschlossene sanitäre Anlagen auf Rasthöfen und darüber, dass ihre Lenkzeiten verlängert wurden, damit die Logistik nicht ins Stocken gerät.

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