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Michael Schrom

Als Theologiestudent in Paris wurde ich einmal von französischen Kommilitonen gefragt, ob ich den Satz von Paul Tillich erklären könnte: »Glaube ist das Ergriffensein von dem, was uns unbedingt angeht.« ...

Meine Sprachkenntnisse reichten nicht für eine befriedigende Übersetzung aus. Ergriffensein ist etwas anderes als interessiert sein. Und das, was einen »unbedingt angeht« ist etwas anderes als Zwang. Auch wenn meine unbeholfenen Erklärungsversuche das Fragezeichen auf den Gesichtern meiner Gesprächspartner eher vergrößerten, so hat mich doch Tillichs Satz in verschiedenen Lebenssituationen immer wieder eingeholt, privat und beruflich.

Aufgewachsen am nördlichen Stadtrand von München, wurde ich durch die kirchliche Jugendarbeit, die räumliche Nähe zum KZ Dachau und durch den Zivildienst in einer gerontopsychiatrischen Abteilung immer wieder mit den großen (und bisweilen abgründigen) philosophischen und religiösen Fragen des Menschseins konfrontiert.

Nach dem Studium der katholischen Theologie in München und Paris bewarb ich mich Mitte der 1990er Jahre an der Deutschen Journalistenschule. Religion war zu diesem Zeitpunkt in der Wahrnehmung vieler ein völlig exotisches Thema. Auch in intellektuellen Kreisen hätten es die Wenigsten für möglich gehalten, dass religiöse Fragen mit so großer Wucht in die Öffentlichkeit gelangen könnten, wie wir dies heute in fast allen Feldern der Gesellschaft erleben. Gleichzeitig schwindet das religiöse Wissen in der Breite. Die Kirchen erleben einen dramatischen Traditionsabbruch, verbunden mit einer tiefen Vertrauenskrise. Interkulturelle Debatten, die nicht selten auch interreligiöse Fragen sind, rücken neu in den Blickpunkt.

In dieser Situation kann ich mir kaum eine herausfordernde und zugleich schönere journalistische Aufgabe vorstellen, als bei Publik Forum zusammen mit engagierten Kolleginnen und Kollegen nach Geschichten und Personen zu suchen, die – im Sinne Friedrich Schleiermachers – »Sinn und Geschmack wecken für das Unendliche«. Als Leiter des Ressorts Religion und Kirchen tue ich dies im Geist von Publik-Forum: neugierig, nachdenklich, engagiert, kritisch.

KURZBIOGRAFIE: Michael Schrom, geboren 1968, studierte katholische Theologie in München und Paris. Absolvent der Deutschen Journalistenschule, danach Redakteur bei der Mittelbayerischen Zeitung in Regensburg, anschließend bei Christ in der Gegenwart in Freiburg. Freie Mitarbeit beim Norddeutschen Rundfunk; Schwerpunkte: Reportagen, Filmbesprechungen, Essays. Seit April 2015 Leiter des Ressorts Religion und Kirchen bei Publik-Forum. Verheiratet, zwei Kinder.