Mehr Bibel wagen!

Als die anglikanische Kirche in den 1970er-Jahren damit begann, zunächst Priesterinnen und später auch Bischöfinnen zu weihen, wurde man in Rom nervös. Papst Paul VI. befürchtete, ähnliche Forderungen könnten sich auch in der katholischen Kirche durchsetzen, und beauftragte daher sowohl die Internationale Theologenkommission als auch die Päpstliche Bibelkommission damit, die Frage nach der Frauenordination zu klären. Natürlich erwartete er, dass beide Kommissionen die jahrtausendealte Tradition der Kirche bekräftigen und bestätigen würden. Doch die Päpstliche Bibelkommission kam 1976 zu einem Ergebnis, das dem Papst nicht gefiel. Zwölf von siebzehn stimmberechtigten Mitgliedern vertraten die Meinung, die Schrift sei offen für eine mögliche Ordination von Frauen. Die Liste der Kommissionmitglieder enthält die Namen sehr angesehener Bibelwissenschaftler aus verschiedenen Nationen. Trotzdem zog es der Vatikan vor, das Schlussdokument nicht zu veröffentlichen. Es wurde nur durch eine Indiskretion bekannt und zunächst in den USA veröffentlicht.
Die Ergebnisse der Internationalen Theologenkommission flossen dagegen in das Dekret »Inter Insignioris« ein, das im Oktober 1976 veröffentlicht wurde und auf das sich später Papst Johannes Paul II. beziehen sollte. Der damalige Leiter der Glaubenskongregation, Kardinal Franjo Šeper, nannte als Gründe gegen die Ordination von Frauen: Die Praxis Jesu, der als Apostel nur zwölf Männer berufen habe. Die Praxis der Apostel und die der frühen Kirche, die konstante Lehre und Praxis der Kirche und schließlich ein Argument aus der Symbolik: nur ein männlicher Priester könne (gottesdienstlich) den Mann Christus vor der Gemeinde repräsentieren. D

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