Psychologie und Religion
Die stille Kraft der Wandlung


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Zu einer Zeit, in der sich politisches Denken immer auffälliger im Modus der Gegnerschaft artikuliert, wird Differenz oft schon als Zumutung und Widerspruch als Bedrohung empfunden. In den digitalen Arenen von Social Media lässt sich kaum mehr unterscheiden, was noch engagierter Diskurs und was bereits Kampfansage ist. So gewinnt die Frage nach dem, was Zusammenhänge herstellen und Verständigung stiften könnte, deutlich an Relevanz. Es wächst das Bedürfnis nach einer anderen Form des Denkens: einem Denken, das tiefer unter die Oberfläche geht, um dort Verbindendes und Verbindliches zu entdecken.
Theologische oder psychologische Zugänge könnten hier weiterhelfen, besonders wenn sie sich zusammentun: Sie könnten die Affekte, die unter sozialen Spannungsverhältnissen liegen, erfassen. Nicht selten
Ludger Verst ist Theologe, Diakon, Personzentrierter Berater und Supervisor in eigener Praxis in Wiesbaden, Vorsitzender der C.-G.-Jung-Gesellschaft Frankfurt/M. und Lehrbeauftragter an Hochschulen in Hessen und Rheinland-Pfalz.
Vom Autor erscheint im September das Buch »Tiefentheologie. Von einem Gott, der ›zu Grunde‹ geht« (Vandenhoeck & Ruprecht)

Bernhard Ferber 25.08.2025, 09:37 Uhr:
Von C.G.Jung habe ich gelernt, dass kein Mensch vollkommen verrückt, durch und durch krank ist. Und dass sein Therapieansatz darauf fußte, dass er den Bereich findet, wo ein Mensch nicht krank ist und davon ausgehend Heilung in Gang bringen konnte. Das ist m.E. ein wichtiger Hinweis und hilfreich im Gespräch mit Menschen, die sich in Krisensituationen befinden: die Idee zu haben und neu zu erspüren, dass es trotz allem in jedem Menschen einen gesunden Kern gibt, eine innere Burg, die vielleicht verschüttet, aber nicht verwunden ist, die vom Feind nicht eingenommen werden kann. Die Idee zu haben, dass kein Mensch verloren ist und verloren geht, dass Menschen, die sich verirrt haben, wieder ein Zuhause finden können.
Josef Göbel 22.08.2025:
Danke für die Erinnerung an Carl Gustav Jungs wichtige Mission, auch das Religiössein zum Bestand jedes Menschenlebens zu zählen. Damit dies nicht ins Abwegige gerät, wie wir es jetzt vielfach erleben, ist von Bedeutung, dass die organisierten Religionen den Gedanken beherzigen, dass es eine »allein gültige Wahrheit« nicht gibt. Das zu bedenken fällt offensichtlich allen Religionen im Konfliktfall schwer: Sehr nützlich war in dieser Hinsicht die mehrfache Erinnerung in Publik-Forum an das Konzil von Nicäa, um zum Beispiel den dogmatischen Duktus des Glaubensbekenntnisses zu relativieren, damit sich »die religiöse Kraft des Verbindenden und der Wandlung« entfalten kann. Auf dieser Spur werden die »Friedensstifter« gefunden, die Michael Schrom vergeblich in den aktuellen kirchlichen Verlautbarungen sucht. Aber wohin führt seine einleitende Feststellung, dass Jesus nie in die Rolle gekommen sei, »politische Verantwortung übernehmen zu müssen«? Führt das nicht zwangsläufig zur Zwei-Reiche-Lehre, die nichts ausgerichtet hat – die aber eben in kirchlichen Verlautbarungen als letzter Ausweg aus der Sackgasse immer wieder vorkommt; etwa in den Worten der EKD-Ratsvorsitzenden, dass Friedens- und Sicherheitsethik zusammengedacht werden müssten. Friedensethik bedenkt immer auch das Sicherheitsbedürfnis der »anderen Seite«; dann braucht es keine eigene Sicherheitsethik – sie ist zumindest nicht die Sache religiöser Verlautbarungen.