Zur mobilen Webseite zurückkehren

Buchtipp: »Der Hase im Mond« von Milena Michiko Flašar
Wenn der Kalligraf Mülltonnen plündert

Von lebensverändernden Momenten erzählt die österreichisch-japanische Schriftstellerin Milena Michiko Flašar in ihrem Kurzgeschichtenband »Der Hase im Mond«.
von Louis Berger vom 04.11.2025
Artikel vorlesen lassen

Kurzgeschichten. Schicksalsschläge können das Leben plötzlich verändern: Eine schwere Krankheit oder der Tod einer geliebten Person. Und dann ist nichts mehr wie zuvor. Die österreichisch-japanische Schriftstellerin Milena Michiko Flašar erzählt in ihrem neuen Kurzgeschichtenband »Der Hase im Mond« von neun derartigen Momenten im Leben eigentlich ganz normaler Menschen. Auf den ersten Blick wirken die Schicksalsschläge erst mal wenig dramatisch – und dafür umso skurriler. In der titelgebenden Erzählung ertappt zum Beispiel ein Mann den von ihm verehrten Kalligrafiemeister beim Plündern von Mülltonnen voller Essensreste. Der Kalligraf, der Inbegriff japanischer Zurückhaltung, erweist sich überraschend als wilde Bestie. Diese Beobachtung lässt den Mann nicht mehr los. Am Ende wird er an ihr fast verrückt und sogar zum Verbrecher. Auf ähnliche Weise spielt Flašar mit den Erwartungen ihres westlichen Publikums. Die Hauptfiguren tragen Kimonos und essen typisch japanische Speisen wie die inzwischen auch hierzulande bekannten Klebreiskuchen »Mochi«. Wer sich etwas mehr mit Japan befasst hat, kann in den Geschichten viele Anspielungen auf die gesellschaftlichen Probleme des Landes entdecken. Allerdings verbergen sich hinter den vielen Klischees und den manchmal fast ethnologisch anmutenden Schilderungen Wünsche, die Menschen auf der ganzen Welt plagen: Flašars Figuren sehnen sich nach Anerkennung, nach Erfüllung und nicht zuletzt nach Liebe. Die Erzählungen in »Der Hase im Mond« durchbrechen nicht nur Lebensroutinen, sondern beim Leser auch eingefahrene Vorstellungen vom anderen.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 21/2025 vom 07.11.2025, Seite 54
Wir wollen nicht untergehen
Wir wollen nicht untergehen
Vor der Klimakonferenz: Worauf es jetzt ankommt
4 Wochen freier Zugang zu allen PF+ Artikeln inklusive E-Paper
Kommentare und Leserbriefe
Ihr Kommentar
Noch 1000 Zeichen
Wenn Sie auf "Absenden" klicken, wird Ihr Kommentar ohne weitere Bestätigung an Publik-Forum.de verschickt. Sie erhalten per E-Mail nochmals eine Bestätigung. Der Kommentar wird veröffentlicht, sobald die Redaktion ihn freigeschaltet hat. Auch hierzu erhalten Sie ein E-Mail. Siehe dazu auch Datenschutzerklärung (Öffnet in einem neuen Tab).

Mit Absenden des Kommentars stimmen Sie der Verarbeitung Ihrer Daten zur Bearbeitung des Kommentars zu. Zum Text Ihres Kommentars wird auch Ihr Name gespeichert und veröffentlicht. Die E-Mail-Adresse wird für die Bestätigung der Bearbeitung genutzt. Dieser Einwilligung können Sie jederzeit widersprechen. Senden Sie dazu eine E-Mail an [email protected].

Jeder Artikel kann vom Tag seiner Veröffentlichung an zwei Wochen lang kommentiert werden. Publik-Forum.de behält sich vor, beleidigende, rassistische oder aus anderen Gründen inakzeptabele Beiträge nicht zu publizieren. Siehe dazu auch Netiquette (Öffnet in einem neuen Tab).
Publik-Forum
Publik-Forum
Einen Moment bitte...
0:000:00
1.0