Wer sorgt für die Kümmerer?

Publik-Forum: Frau Meier-Gräwe, in der Corona-Krise wird die Care-Krise, in der Deutschland schon lange steckt, offensichtlich. Unterbezahltes Pflegepersonal ist nur ein Symptom von vielen.
Uta Meier-Gräwe: Ja, allabendliches Klatschen auf den Balkonen für die systemrelevanten Berufe reicht nicht. Wir brauchen grundlegend veränderte Strukturen. Der aktuelle Wertewandel könnte uns helfen, sie zu schaffen.
Sie bemerken einen Wertewandel?
Meier-Gräwe: Die Systemrelevanz der Sorgeberufe rückt in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das finde ich gut. Aber der Umgang damit ist noch sehr oberflächlich. Man muss aufpassen, dass nicht Leute wie Friedrich Merz nach Corona die Oberhand gewinnen. Leute, die mitklatschen für die Kümmerer, aber gleichzeitig sagen, dass das produzierende Gewerbe jetzt mit absoluter Priorität angeschoben werden müsste.
Deutschlands Bevölkerung hat im internationalen Vergleich ein hohes Durchschnittsalter. Wir werden noch älter, noch pflegebedürftiger werden. Verdrängen wir das?
Meier-Gräwe: Care-Berufe gelten immer noch als ärgerlicher Kostenfaktor. Es werden Zukunftsprognosen übersehen, die sagen: Wir werden einen deutlichen Rückgang der Beschäftigung in gewerblich-technischen Berufsfeldern haben, aber einen Zuwachs in den Care-Berufen. Durch unsere industriegesellschaftlich geprägte Denke wird »Zuwachs« aber nur dann als positiv angesehen, wenn er sich in Produktionszuwächsen von Waren zeigt. In der Care-Arbeit geht es aber nicht darum, in immer kürzerer Zeit immer mehr Menschen zu pflegen. Deshalb wird das Care-Problem gesell

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