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Publik-Forum, Heft 5/2015
Der Inhalt:
Dossier

Soll man Organspender werden?

vom 13.03.2015
Organtransplantation rettet Leben: Werden Herz, Lunge, Nieren oder Bauchspeicheldrüse eines hirntoten Patienten einem Schwerkranken übertragen, kann ihm das viele Lebensjahre schenken. Doch viele Menschen haben Zweifel: Wird der Hirntod wirklich sicher diagnostiziert? Wie ist Ihre Meinung zum Thema Organspende? Nehmen Sie teil an unserer Umfrage – und lesen Sie hier das Pro- und Contra
Soll man Organspender werden? Peter Fricke (links) sagt: "Ja !" Gisela Meier zu Biesen (rechts) sagt: "Nein!" (Fotos: privat)
Soll man Organspender werden? Peter Fricke (links) sagt: "Ja !" Gisela Meier zu Biesen (rechts) sagt: "Nein!" (Fotos: privat)

Peter Fricke: »Ja, denn das schenkt neues Leben«

»Man sollte sich zur Organspende bereit erklären, denn jeder kann jederzeit Organempfänger werden. Ich selbst bin im Alter von 35 Jahren durch eine verschleppte Virusinfektion in die Situation gekommen, bei meiner Tochter war die Geburt ihres Sohnes der Auslöser. Da war sie gerade zwanzig Jahre alt. Jeder, der zu seiner eigenen Rettung »Ja« zur Organtransplantation sagen würde, sollte auch »Ja« auf dem Organspendeausweis auskreuzen.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 05/2015 vom 13.03.2015, Seite 8
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Dass im Dezember 2014 eine Organentnahme in Bremerhaven abgebrochen wurde, weil die Dokumentation des Hirntods unvollständig war, sehe ich positiv. Das Beispiel zeigt doch, dass die Kontrollmechanismen funktionieren. Auf den Papieren hatte ein Kreuzchen gefehlt. Das ist aufgefallen. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation war wie in jede Entnahme involviert und hat ihre Wächteraufgabe ordentlich erledigt. So soll es sein.

Seit die Organspende 2012 gesetzlich neu geregelt wurde, hat sich vieles verbessert. Wir haben in Deutschland eines der sichersten Transplantationsgesetze weltweit. Und insbesondere an den großen Unfallkliniken, die am häufigsten mit Hirntoten zu tun haben, hat man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt: Hirntote werden dort sorgfältig gepflegt, die Angehörigen intensiv betreut, es wird ihnen Zeit und Raum für die Entscheidung und für den Abschied gelassen. Davon habe ich mich überzeugen können. Und Angehörige von Spendern sagen mir: Es ist ein Trost zu wissen, dass mein Mann irgendwie weiterlebt – durch die Organe, die er gespendet hat. Ich kenne die Ängste derjenigen, die auf ein Spenderorgan warten: »Erlebe ich noch die Einschulung meiner Tochter?« Deshalb meine ich: Jeder sollte Organspender sein. Wir haben viel zu wenige Spenderorgane.«

Gisela Meier zu Biesen: »Nein, der Zweck heiligt keine Mittel«

»Leben retten möchten wir alle. Deshalb sagen viele: »Wenn ich tot bin, kann man meine Organe haben.« Irrtum, der Hirntod als Tod ist lediglich eine juristische Definition, um straffrei Organe entnehmen zu können, was erst zum Tod führt. Wir haben es schmerzlich beim Sterben unseres Sohnes erlebt.

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Ein sogenannter Hirntoter wird »vitalkonserviert«. Ob er nichts mehr spürt und wahrnimmt, ist unbewiesen. 24 Stunden vor der Hirntod-Diagnose werden alle Schmerzmittel abgesetzt – und das bei einem schwerverletzten Menschen! Schmerz-, auch Narkosemittel werden später aber bei der Organentnahme verabreicht! Bei diesem Eingriff wird dem Todgeweihten bei schlagendem Herzen der Leib von oben bis unten aufgesägt und aufgeschnitten. Bis zu sechs Chirurgenteams operieren ihn nach und nach »leer«. Das ist Töten.

Das Verschweigen dieser Prozeduren ist eine Irreführung, ebenso der Begriff »Spende«. Die ist per se freiwillig. Man kann nicht stellvertretend die Zustimmung dazu geben. Doch neun von zehn »Organspendern« werden durch die Entscheidung ihrer Angehörigen zu »Spendern« gemacht. Will man seiner Familie diese Entscheidung abnehmen, indem man »Ja« auf dem Organspendeausweis ankreuzt, sollte man sich fragen, ob man so im Operationssaal sterben möchte.

Angehörige sind oft mit der schlimmsten Nachricht ihres Lebens konfrontiert. In ihrem Schock wird ihnen suggeriert, dass sie die unerträgliche Situation beenden könnten, wenn sie dem »sinnlosen Sterben« durch das »Freigeben« des Patienten einen Sinn verleihen. Anstatt sie zu schützen, wird ihnen von der Gesellschaft die Schuld am Tod anderer aufgebürdet. Dabei wird ihnen die kostbarste Begleitung bis zuletzt geraubt. Es melden sich bei uns verzweifelte Angehörige, weil sie sich betrogen fühlen.«

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Andrea von Wilmowsky 08.04.2015:
Sie fragen "Soll man Organsoender werden?" Nein, das sollte man nicht SOLLEN. Jeder Mensch, der sich freiwillig und im Bewusstsein aller damit verbundenen Risiken als Organspender anbietet, kann das tun. Das ist seine ureigenste Entscheidung und nicht zu kritisieren. ABER: Was zu kritisieren ist, ist die unvollständige und absolut einseitig "Aufklärung", die diesen Namen gar nicht verdient. Es ist eine reine Werbekampagne, die an Peinlichkeit schon langsam nicht mehr zu überbieten ist. Die Menschen sollten sich freiwillig entscheiden können und nicht mit Plakaten und Prominenten, möglichst noch in der Schule als Organspender "geworben", d,h. über den Tisch gezogen werden. Sie wissen nicht, worauf sie sich einlassen...
Mein Fazit! Wer möchte, kann und die anderen sollten in Ruhe gelassen werden.

thomas bogner 31.03.2015:
Rein gefühlsmäßig tendiere ich dazu die Organtransplantation abzulehnen. Verstärkt wird dieses Gefühl durch die Tatsache dass der Begriff "Gehirntod" nach meinem momentanen Wissensstand ja lediglich nach der ersten Herztransplantation von Bernard in Südafrika gewissermaßen "erfunden" wurde um eine Rechtfertigung für die Entnahme zu schaffen. Auch heute ist der "Gehirntod" als solcher umstritten und mehr als fragwürdig. Der Mensch sollte sich darüber im Klaren sein und damit auseinandersetzen dass das Leben endlich ist; und wo hört es denn auf, wenn ich an einen anderen Kommentr anknüpfe, was ich erleben möchte? Mit der Einschulung, mit der Kommunion, Hochzeit ... oder gar der Silberhochzeit der Kinder? Für mich steht deshalb fest dass ich weder als Empfänger noch als Spender in Frage komme. Eine Frage bleibt aber auch für mich, was tue ich wenn mir die Frage in Bezug auf meine Kinder gestellt wird?

Monika Anzenberger 29.03.2015:
"Soll man Organspender werden" - Diese Frage stellt sich nicht für jeden Leser.
Für einen Österreicher stellt sich die Frage: "Will man Organspender bleiben".
Denn hier ist jede Person automatisch Organspender, sobald er offiziell für "tot" (= hirntot) erklärt wird. Es sei denn, er oder sie lässt sich in ein Widerspruchsregister eintragen. Geregelt ist dies im Organtransplantationsgesetz BGBl. I Nr. 108/2012, § 5 und § 6. Angehörige können keinen Widerspruch einlegen.
Persönlich sehe ich und verstehe die Hoffnung von Patienten, welche auf ein Organ warten. Von daher finde ich auch die Gegenüberstellung von Pro- und Contra in diesem Blatt sehr positiv.
Aber unter den derzeitigen Umständen, auf welche Art und Weise die Organentnahme erfolgt, lehne ich für mich selbst Organtransplantationen ab; in beide Richtigungen: sowohl für Empfang als auch für Entnahme.
Der Zeitpunkt, ab wann ein potentieller Organspender als "Hirntot" erklärt wird, ist viel zu früh.

Dr. Anna Bergmann 15.03.2015:
Die Hirntoddefinition ist nach wie vor auch mediznisch umstritten, und die Entnahmepraxis steht in einem nicht ausräumbaren Tötungsverdacht. Die Transplantationsmedizin ist nun einmal von dem Körper ihrer eigenen, sterbenden Patienten abhängig, was sich mit Grundsätzen der medzinischen Ethik nicht vereinbaren lässt. Aber auch weil die Sterberaten und die Nebenwirkungen nach einer Transplantation extrem hoch sind, halte ich die transplantationsmedizinische Therapieform für einen ganz falschen Ansatz. Immerhin versucht man unsere leibliche Verfasstheit zu umgehen, indem die natürliche Immunabwehr von Organempfängern mittlerweile auch mit gentechnologischen Mitteln herabgesetzt wird, so dass Organempfänger, wenn sie eine Transplantation überleben und alles optimal verläuft (was keine Selbstverständlichkeit ist), immer mit schweren Nebenwirkungen (z. B. Krebs) ein Leben lang zu rechnen haben.

Barbara Riethmüller 15.03.2015:
Ich bin gegen Organtransplantationen. Meine Oma ist in den 50er Jahren friedlich nach einem Schlaganfall mit Schlucklähmung zu Hause gestorben. Transplantation und überhaupt die sg. Hochleistungsmedizin verursacht andererseits Komapatienten.
All das ist "am Herrgott ens Handwerk pfuschd"

Wolfgang 15.03.2015:
Gebe Gisela Meier zu Biesen vollkommen recht. Man kann nicht Gutes tun wollen und dafür einem anderen schaden. Eine Organentnahme im Hirntod ist "gerechtfertigendes Töten", so heißt es heute bei uns in Deutschland, in Amerika spricht man vom "justified killing"! Im Zusammenhang mit der Organentnahme hat sich eine ganze Industrie entwickelt. Hätte man ein bißchen nachgedacht als man anfing Organe zu entnehmen, wäre klar gewesen, dass es nie genug Organe geben würde. Hirntote sind keine Massenware sondern Extremfälle der Intensivmedizin. Was für ein Dilemma für die Transplantationsmediziner! Jeder Mensch wird irgendwann sterben und die Transplantationsmedizin "jibbert" danach zuzugreifen, darf es aber nicht! Ob sie sich daran hält? Kontrolle gibt es jedenfalls nicht!

Heidemarie Heubach 14.03.2015, 20:02 Uhr:
Müssen wir bei komatösen Unfallopfern - bei denen meistens eine sogenannte "Hirntod"-Diagnostik durchgeführt wird - nicht auch die Frage stellen, die die bayrische Gesundheitsministerin Melanie Huml- damals in Bezug zur aktuellen Sterbehilfedebatte - aufwarf: "wie wollen wir sterben, an der Hand eines lieben Menschen oder durch die Hand eines Arztes?" Wenn es wirklich eine - wie im TPG geforderte - umfassende Aufklärung gäbe, für potentielle Organspender oder deren - oft unter Schock stehenden - Angehörigen, statt letztere mit moralischem Zeigefinger unter Druck zu setzen, müßte genau diese hochmedizintechnologische Lebensbeendung (im amerikanischen "justified killing" genannt)auch Thema des Gespräches sein! Ungeheuerlich, daß die kontroverse Minderheitsgruppe des Deutschen Ehtikrates trotz Feststellung "hirntot ist nicht = Tod" weiterhin Organentnahmen (ohne Narkose!) nach HT-Diagnosen fordert, für welche der Patient bereits im Vorfeld fremdnützig, d.h. organprotektiv behandelt wird.

Barbara Koch-Mäckler 14.03.2015:
Ich bin schon froh, dass Publik-Forum wenigstens ein "Pro und Contra" zur Organspende veröffentlich, denn bisher hat es sich ja nur auf den "Pro"-Standpunkt gestellt. Das Hirntod-Konzept wurde nur im Zusammenhang mit der Organspende eingeführt und war von Anfang an umstritten. In den USA hat "The President's Council on Bioethics" im Jahr 2008 einen Report erstellt, wonach "keiner der Gründe die bislang für die Gleichsetzung von Tod und Hirntod vorgebracht wurden, überzeugend (ist)". Hirntote Menschen befinden sich in einem in der Regel (nicht immer - es gibt Gegenbeispiele) unumkehrbaren Sterbeprozess. Darum hat es mich auch immer gewundert, dass eine Zeitschrift mit christlichem Hintergrund sich nicht für die Schwächsten in der Gesellschaft, in diesem Fall um die "hirntot" genannten Sterbenden eingesezt hat. "Hirntote" Menschen sind nicht "vegetable", Gemüse, wie es im Amerikanischen heißt, sondern Sterbende, die man begleitet und in Frieden "zuende sterben" lassen sollte.

D. Salmen 14.03.2015:
Bei der ganzen Diskussion um die Organspende frage ich mich immer, welche Rolle eigentlich die Seele des Menschen spielt! Wird die Existenz einer Seele nicht einfach ignoriert? Als meine Großmutter in den 60er Jahren starb und zu Hause aufgebahrt wurde, hat man uns Kinder beigebracht, uns respektvoll in Anwesenheit der Toten zu verhalten. Warum das, bitte schön, wenn sie als Tote doch nichts mehr davon mitbekommt! Aber vielleicht war ja doch noch ihre Seele da!
Um wie viel mehr ist anzunehmen, dass die Seele eines Hirntoten noch im Spiel ist und mitbekommt, dass da "ihr" Mensch bei lebendigem Leibe ausgeschlachtet wird.