Zur mobilen Webseite zurückkehren
Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 6/2023
Der Inhalt:

Kinotipp
Der vermessene Mensch

von Birgit Roschy vom 24.03.2023
Der Spielfilm von Lars Kraume erzählt von deutschen Kolonialverbrechen in Namibia.
Überheblich: Kezia soll zeigen, dass sie rechnen kann. Alexander führt sie deutschen Studenten vor (Foto: Studiocanal GmbH / Julia Terjung)
Überheblich: Kezia soll zeigen, dass sie rechnen kann. Alexander führt sie deutschen Studenten vor (Foto: Studiocanal GmbH / Julia Terjung)

Kino. Der Vernichtungskrieg gegen die Herero und Nama in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika von 1904 bis 1908 ist in der letzten Zeit stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Erst 2021 erkannte die deutsche Regierung den Völkermord an, bat um Vergebung und vereinbarte Entschädigungszahlungen. Das warf auch die Frage nach der Rückgabe menschlicher Überreste auf. Bis heute lagern etwa 3000 Schädel in wissenschaftlichen Sammlungen, vor allem der Berliner Charité. Der Spielfilm »Der vermessene Mensch« versucht, dieses Kapitel deutscher Kolonialgeschichte in einer mit historischen Details unterfütterten Erzählung darzustellen. Im Zentrum steht der junge Ethnologe Alexander Hoffmann, der 1896 auf der Kolonialausstellung in Berlin die Herero-Dolmetscherin Kezia kennenlernt. Er ist fasziniert von der gebildeten Frau, die mit ihrer Gruppe auf eine kaiserliche Audienz hofft. Doch Hoffmanns Professor, ein Anhänger der evolutionistischen Rassentheorie, behandelt die Abgesandten wie Zootiere. Er lässt sie vermessen, um aufgrund der Schädelgröße zu »beweisen«, dass sie eine unintelligentere, minderwertigere »Rasse« seien. 1904, als es zum Aufstand der Herero kommt, reist Hoffmann nach Südwestafrika, um Artefakte zu sammeln, aber auch um Kezia wiederzusehen. Auf dieser Odyssee, bei der er hautnah die Gräuel von Krieg und Genozid miterlebt, lässt er sich mit Aussicht auf eine wissenschaftliche Karriere zu entsetzlichen Tabubrüchen verleiten. Dieser Antiheld verweist in seiner Mischung aus Idealismus, Ehrgeiz, Dünkel und Feigheit bereits auf die Monstrosität der Nationalsozialisten, die sich der Rassentheorie als Rechtfertigung für ihre Verbrechen bedienten. Der packende Film wurde an Originalschauplätzen in Namibia gedreht und dort auch zuerst gezeigt.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 06/2023 vom 24.03.2023, Seite 54
Sie schaffen das - noch
Sie schaffen das - noch
Der Staat kommt bei der Aufnahme Geflüchteter an Grenzen
4 Wochen freier Zugang zu allen PF+ Artikeln inklusive E-Paper
Kommentare und Leserbriefe
Ihr Kommentar
Noch 1000 Zeichen
Wenn Sie auf "Absenden" klicken, wird Ihr Kommentar ohne weitere Bestätigung an Publik-Forum.de verschickt. Sie erhalten per E-Mail nochmals eine Bestätigung. Der Kommentar wird veröffentlicht, sobald die Redaktion ihn freigeschaltet hat. Auch hierzu erhalten Sie ein E-Mail. Siehe dazu auch Datenschutzerklärung.

Mit Absenden des Kommentars stimmen Sie der Verarbeitung Ihrer Daten zur Bearbeitung des Kommentars zu. Zum Text Ihres Kommentars wird auch Ihr Name gespeichert und veröffentlicht. Die E-Mail-Adresse wird für die Bestätigung der Bearbeitung genutzt. Dieser Einwilligung können Sie jederzeit widersprechen. Senden Sie dazu eine E-Mail an [email protected].

Jeder Artikel kann vom Tag seiner Veröffentlichung an zwei Wochen lang kommentiert werden. Publik-Forum.de behält sich vor, beleidigende, rassistische oder aus anderen Gründen inakzeptabele Beiträge nicht zu publizieren. Siehe dazu auch Netiquette.