Auf der Suche nach dem verlorenen Gott

Der weltanschauliche Pluralismus in Frankreich ist bunt. So bunt wie in kaum einem anderen Land. In jeder Religion gibt es zudem noch eine große innere Vielfalt. Das gilt auch für den Katholizismus, zu dem sich heute nicht einmal mehr die Hälfte aller Franzosen bekennt. Diese Pluralität gilt für den Islam und die ebenfalls zahlenmäßig starken Religionen Judentum und Buddhismus. Jeder zweite Franzose nennt sich »agnostisch«, unentschieden im Ja oder Nein zu Gott. Das gilt für viele Schriftsteller. Die Gottesfrage ist für sie zwar nicht ganz tot, aber entscheidend ist die Freiheit, das Passende aus religiösen Traditionen auszuwählen. Religionssoziologen urteilen: Franzosen »basteln« ihre eigene Spiritualität. Die Übersichtlichkeit von einst ist vorbei.
Bis 1960 standen »die« katholischen Autoren, Mauriac, Bernanos, Mounier, Marcel, »den« atheistischen Schriftstellern Sartre, de Beauvoir, Gide, Génet gegenüber.
Dabei waren katholische Autoren nicht immer treue Verteidiger der Kirchenlehre: Der ursprünglich extrem konservative George Bernanos etwa entwickelte sich zum heftigen Kritiker der spanischen Kirche wegen ihrer Verquickung mit dem Franco-Regime. Es gab weltanschauliche Polemik, aber es wurden auch Brücken gebaut: Die katholische Kulturzeitschrift ESPRIT förderte in den 1930er-Jahren Debatten mit Atheisten. Katholische Autoren wie Paul Claudel wurden (und werden!) auf den großen Bühnen gespielt. Claudel trat in die Öffentlichkeit, als er von seiner plötzlichen Bekehrung in der Kathedrale Notre-Dame berichtete.
Der Poet berührt das Mysterium
Auch heute sind öffentliche Bekenntnisse zur eigenen Spiritualität unter Frankreichs Autoren beliebt. S

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