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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 5/2024
Der Inhalt:

Literaturtipp
Wer hat den Regen wieder nach Ruanda gebracht?

von Christoph Fleischmann vom 05.03.2024
(Foto: istockphoto/clu)
(Foto: istockphoto/clu)

Roman. Am Ende des ersten Kapitels regnet es endlich wieder in Ruanda. Ruzagayura, die große Trockenheit, ist vorbei. Allein: Ob es an Yézu und seiner Maria lag, dass es wieder regnet, oder an Prinz Kibogo und seiner ihm geweihten Jungfrau, der als heidnischen Hexe verschrienen Mukamwezi, das weiß keiner so genau in dem kleinen Dorf unterhalb des Berges, auf dem Kibogo sich für Ruanda aufgeopfert haben und in den Himmel aufgefahren sein soll.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 05/2024 vom 08.03.2024, Seite 55
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In wunderbar prägnanten, kurzen Szenen beschreibt die aus Ruanda stammende französische Schriftstellerin Scholastique Mukasonga die Geschichte der Mission ihres Heimatlandes im Spiegel eines kleinen Dorfes. Sie wählt die Wir-Perspektive, schreibt also aus der Sicht der ruandischen Landbevölkerung, die sich ihren Reim auf das macht, was sie von Kolonisatoren, Missionaren und Ethnologen erzählt bekommt. Diese Perspektive zeigt zum einen die Absurdität der europäischen Bemühungen um den rechten Glauben der Ruander. Es blieb der zweiten Generation eigentlich progressiverer Missionare vorbehalten, das zu vollenden, was die Pioniermissionare nicht geschafft hatten: nämlich den heiligen Wald auf dem Berg Kibogos fällen zu lassen, um dort eine Marienstatue zu errichten. Bevor dann ein Ethnologe aus Europa vor Ort nach Spuren vorchristlicher Kulte suchen lässt.

Aber vor allem wird deutlich, dass die Ruander sehr eigenwillig und souverän mit den Zumutungen aus Europa umgegangen sind. Sie haben sich den Mächtigen mit dem neuen Glauben angepasst, ohne alte Vorstellungen und Praktiken ganz abzulegen. Am deutlichsten zeigt sich das in der Figur des Akayézu, eines jungen Mannes aus dem Dorf, der erst ins Priesterseminar aufgenommen und dann wegen ideologischer Unzuverlässigkeit wieder hinausgeworfen wird. Nicht nur, dass er weiter mit Erfolg predigt und Kinder heilt, er macht auch schließlich gemeinsame Sache mit Mukamwezi, der heiligen Jungfrau im Kult von Prinz Kibogo, die eigentlich schon auf dem Abstellgleis, also am Rand des Dorfes lebt. »In meinem Kopf wohnen zwei Geister«, sagt Akayézu einmal, »der von Yézu und der von Kibogo. Dadrin haben sie Frieden geschlossen.«

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