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Ein Buch fürs Leben …
Das Unvergängliche im Vergänglichen

Die Dichtkunst des Wolf Wondratschek bannt Zeit in Worte
von Norbert Copray vom 28.03.2019
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Etwas verstehen heißt, es unsichtbar zu machen.« Ein solcher Satz bringt mich zum Nachdenken. Das ist seine Absicht: nachdenklich machen, etwas zeigen, was nicht zu sehen ist. Es ist Dichtkunst. Solche Kunst zeigt mir, was sich normalerweise nicht zeigt. Also am Üblichen – an einfachen Buchstaben, Worten, Sätzen – zeigt es mir das Übersehene, Ungewöhnliche, Ungesehene, Unsichtbare, im besten Fall das Unvergängliche. Da bin ich ganz bei Wolf Wondratschek, dem Satzbauer, Schriftsteller und Wortsetzer dieses Satzes, dem die Unvergänglichkeit im Vergänglichen am Herzen liegt. Er schreibt am liebsten Gedichte. Die haben es in sich, bringen mich ins Stolpern, sind nicht schön im Sinne von Dekoration, so wie Kunst ja überhaupt nicht schön im Sinne von Deko sein will. Sie sind kompromisslos, wie er gern war, ist und noch mehr gewesen wäre. Sie sind voller Liebe, voller scheiternder und erfüllter Liebe zugleich. Er schreibt sie meistens nachts mit viel Espresso, Zigaretten, etwas Cannabis, wenn alles ruhig ist, brütend, sinnierend, fabulierend, verliebt in Worte, Sätze und harte Schnitte im Gedicht. Man merkt seinen Gedichten an, dass er Musik liebt von Klassik bis Rock. Verfasste Hörspiele, Filmdrehbücher, Libretto für ein Ballett. Noch wichtiger als der Inhalt sind ihm der Rhythmus der Sätze, die Klangfarbe der Worte, die Tonalität der Pausen. Wolf Wondratschek, der 2018 75 Jahre alt wurde, ist der Dichter, der die 1970er- und 1980er-Jahre, ihre Spannungen, ihre Sehnsüchte, ihre Enttäuschungen und Brüche in Lyrik gebannt hat. Ich hänge in seinen Gedichten bisweilen fest, sie erschließen sich mir nicht einfach, sie drängen mir Bilder auf, die nicht zusammenpassen wollen, sie transportieren spröde und zugleich romantische, karge und verspielte Bilder, Erlebtes, Gedachtes, Arrangiertes. Ein Dichter als Komponist, wie mir scheint, der nicht nur Schuberts Musik kennt, sondern auch Schönberg und Stockhausen. Wer ihn liest, muss mit Gewaltszenen rechnen, mit Verzweiflungsmiseren. Und mit viel Liebe. Zu seinem 75. Geburtstag hatte der Ullstein-Verlag eine Kassette »Gesammelte Gedichte« mit 13 Gedichtbändchen im Schuber herausgegeben von 1973 bis 2018. Manche nannten ihn einen »Rock-Poeten«. Wer vielleicht jünger als sechzig Jahre ist, wird mit seinen Gedichten weniger anfangen können; obwohl: Marcel Reich-Ranicki meinte, »die Gedichte dieses Autors werden bleiben«. Wondratschek ist für mich ein Sprachliebhaber. Beim Anblick von Büffeln, die er mit seinem kleinen Sohn im Zoo sieht, kommt ihm der Satz »Stumm verstauben die Büffel« in den Sinn und – ist fasziniert. Ich bin bisweilen auch von Sätzen ergriffen wie von bestimmter Musik. Etwa von »Im Ursprung war die Erde wüst und leer«. Wondratschek vereinte die frühe Frankfurter APO-Szene und die Boheme der Protest- und Subkultur in sich, formale Brillanz und intellektuellen Anspruch, prägnant »Zustände« deklamierend: »Das Paradies war offensichtlich reine Nervensache. Ich weiß jetzt auch nicht wie’s weitergehen soll.«

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