Bertha von Suttner
Die Waffen nieder!

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Immer der »andere« ist der Kriegwünschende. Immer dem »anderen« wird vorgeworfen, daß er Gewalt an Stelle des Rechtes setzen will. Warum ist es denn überhaupt noch völkerrechtlich möglich, daß dies geschehe? Ein »unheilvoller Krieg«, weil »Deutsche gegen Deutsche«. Ganz richtig: es ist schon ein höherer Standpunkt, der über »Preußen« und »Österreich« den weiteren Begriff »Deutschland« erhebt – aber nur noch einen Schritt: und es wäre jene noch höhere Einheit erreicht, in deren Licht jeder Krieg – Menschen gegen Menschen, namentlich zivilisierte gegen zivilisierte – als unheilvoller Bruderkrieg erscheinen müßte. Und vor den »Richterstuhl der Geschichte« rufen – was nützt das? Die Geschichte, wie sie bisher geschrieben wurde, hat noch niemals anders gerichtet, als daß sie dem Erfolge huldigte. Derjenige, der aus dem Kriege als Sieger hervorgeht, vor dem fällt die historienskribbelnde Gilde in den Staub und preist ihn als den Erfüller einer »Kulturmission«. Und »vor dem Richterstuhl Gottes, des Allmächtigen«? Ja, ist es denn dieser selber nicht, der stets als der Lenker der Schlachten hingestellt wird – geschieht denn mit dem Ausbruch sowohl als mit dem Ausgang jedes Krieges nicht eben dieses Allmächtigen unverrückbarer Wille? O Widerspruch über Widerspruch! Ein solcher muß sich eben überall einstellen, wo unter Phrasen die Wahrheit versteckt werden soll, wo man zwei einander aufhebende Prinzipien – wie Krieg und Gerechtigkeit, wie Völkerhaß und Menschlichkeit, wie Gott der Liebe und Gott der Schlachten – nebeneinander gleich heilig halten will.b
Aus: »Die Waffen nieder!« (1889). Bertha von Suttner wurde1905 als erste Frau mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.




