Luther und andere Heilige

Es wirkt wie eine Pointe im Festkalender der Kirchen: Dem Reformationstag am 31. Oktober – dem evangelischsten aller Feiertage – folgt mit »Allerheiligen« der katholischste auf dem Fuße. Man muss einen Augenblick innehalten, wenn man über den 1. November spricht, denn das Gedenken an die Heiligen geht leicht in katholischer Folklore unter. Dabei birgt dieses Fest doch eine Kraft, die die Gesellschaft verändern kann. Zusammen mit dem Reformationstag leuchtet der Allerheiligentag in die Zeit.
Alle getauften Christen sind »geheiligt«, was so viel heißt wie: Sie sind durch die Gnade Gottes Kinder des Lichts und schon erlöst. Diesen theologischen Gedanken verdanken wir Paulus und Martin Luther. Psychologisch gesehen stehen »die Heiligen« aber zwischen Gott und den »Normalgläubigen«. Die Heiligen haben sich einen Namen gemacht, haben sich geöffnet für die Gnade Gottes und die Aufgaben ihrer Zeit. Fast immer war das, »was der Heilige lebte, ein gefährliches Abenteuer«, sagte der Theologe Karl Rahner einst zu Recht. Ein Heiliger ermutigt jeden dazu, in wilder oder stiller Demut »Ja« zu sagen zu einem oft ver-rückten, abenteuerlichen Leben – komme, was kommt.
Eigentlich ist Gott (allein) der Heilige, der ganz Andere, der Undenkbare und Unaussprechliche, der Namenlose und hundert Namen Tragende – wie im Islam. Und doch ist Gott auch der ganz Nahe, der das Herz der Menschen besser versteht als sie selbst, der »ihnen näher ist als die eigene Halsschlagader«, wie es im Koran heißt. So heiligt der allein Heilige das Leben der Menschen. Sie müssen nur sensibel werden für diese Kraft, die alles lebendig macht.
Unsere gegenwärtige Gesellschaft sieht anders aus. Im Ze

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