Der Sinnlosigkeit widerstehen

Nudeln und Klopapier bilden den letzten Schutzwall vor der Wirklichkeit – das könnte man in Zeiten von Covid-19 zumindest meinen. Der Anblick leerer Regale lässt die »Alles-ist-gut«-Illusion platzen, die wir alltäglich mühsam um uns herum errichten. Plötzlich entsteht eine Beunruhigung, vielleicht sogar eine ausgewachsene Angst, die uns mit einer Realität konfrontiert, die wir sonst gern verdrängen: Jeder von uns führt einen Kampf ums Überleben, den er irgendwann todsicher verlieren wird. Der Stillstand der Welt, die Unterbrechung des Alltags wirft uns in diesen Wochen zumindest kurzfristig zurück auf unsere nackte Existenz – und auf eine Weltwirklichkeit, der es völlig gleichgültig ist, ob wir existieren oder nicht.
Ist man von dieser Einsicht erst einmal angesprungen worden, ist es schwer, sie wieder abzuschütteln. Sie erschüttert von nun an auch glücklichere Zeiten, weil sie jeden Moment des Daseins als von letzter Absurdität durchseucht darstellt. Jeder Schein von Sinn und Glück ist zuletzt nichtig. Wir sind an sich nicht mehr als zum Tode Verurteilte, die im Grunde planlos durch die Welt irren und so tun, als könnten uns Besitz und Macht vor einer letzten Sinnlosigkeit unserer Existenz schützen.
Keine Philosophie hat das Gefühl des Absurden, einer Entfremdung von der Welt präziser fokussiert als der französische Existenzialismus – und keiner hat ebenjenen stärker geprägt als Albert Camus und Jean-Paul Sartre, deren sechzigsten beziehungsweise vierzigsten Todestag wir in diesem Jahr begehen. Beide sind Philosophen der Freiheit – ihr Verständnis von Freiheit hat allerdings nichts gemein mit dem zur reinen ›Ich darf‹-Forderung verstümmelten Ruf nach freier Fahrt für freie Bürger. Es hat nichts zu tun

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