Kino: Oxana – Mein Leben für die Freiheit
Die Ikone des Widerstands

Kino. »Die Ukraine ist kein Bordell«, lautete der Schlachtruf von FEMEN, aufgemalt auf die nackten Brüste der Aktivistinnen. Die einflussreichste feministische Graswurzelbewegung zu Beginn dieses Jahrhunderts ist inzwischen leider fast verstummt. Diese Filmbiografie setzt der charismatischsten Mitbegründerin, Oxana Schatschko, ein Denkmal.
Die Geschichte der »Sextremistin« wird in zwei Geschwindigkeiten erzählt: Die erste Ebene handelt vom Ablauf des 23. Juli 2018, an dem sich die 31-Jährige das Leben nahm. Durchwoben ist dieser Bericht von Erinnerungen an den Werdegang einer lebenslang getriebenen Künstlerin, für die Kunst gleichbedeutend mit Revolte war.
Tatsächlich war Oxana Schatschko ein Wunderkind. Sie besuchte eine eigentlich Männern vorbehaltene Schule für Ikonenmalerei. Im Kunststudium in Kiew wandelt sie sich jedoch unter dem Druck der desolaten Verhältnisse von einer tief religiösen jungen Frau zur Mitbegründerin von FEMEN. Die Gruppe verschrieb sich dem Kampf gegen Sextourismus und Korruption und machte mit aufsehenerregenden Aktionen ab 2008 weltweit Furore. Doch die Ausgelassenheit der Anfänge weicht bald brutaler Repression.
Mit gebrochenen Armen findet Oxana Schatschko mit ihren Freundinnen 2013 in Paris Asyl: eine traurige Analogie zu den Dreharbeiten, die ursprünglich in der Ukraine stattfinden sollten. Stattdessen mussten die Schauspielerinnen nach Paris fliehen. Euphorische Frauensolidarität, Todesangst in den Händen des KGB, Bedeutungsverlust in Paris, wo die Ukrainerinnen zu Maskottchen der Bohème werden: Die Chronik ist eine Aneinanderreihung emotionaler Schlüsselmomente und reißt einen auch dank des intensiven Spiels von Albina Korzh mit.
Oxana – Mein Leben für Freiheit (F, Ukraine 2024). Film von Charlène Favier, 103 Min. Ab 16 J.
