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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 4/2014
Der Inhalt:
Der letzte Brief

Die Pille danach – frei verkäuflich?

von Larissa Bochmann, Astrid Wallmann vom 06.03.2014
Die »Pille danach« hemmt oder verzögert den Eisprung und verhindert so eine ungewollte Schwangerschaft. Einige Politiker wollen jetzt die Rezeptpflicht für diese Pille aufheben. Die Gegner meinen, die Abgabe der »Pille danach« müsse weiter an die Beratung durch einen Arzt gebunden sein. Wer hat recht?
Soll die »Pille danach« frei verkäuflich sein? Unterschiedlicher Meinung sind Larissa Bochmann (links) und Astrid Wallmann. (Fotos: privat)
Soll die »Pille danach« frei verkäuflich sein? Unterschiedlicher Meinung sind Larissa Bochmann (links) und Astrid Wallmann. (Fotos: privat)

Larissa Bochmann: »Ja, diese Pille ist sicher und verhindert Abbrüche«

»In den meisten europäischen Ländern ist die ›Pille danach‹ rezeptfrei und teilweise kostenlos erhältlich. Die Erfahrung dieser Länder zeigt: Der Vorwurf, die ›Pille danach‹ würde durch die Rezeptfreiheit zum Verhütungsmittel Nummer eins, ist klar entkräftet. Triftig sind die Gründe für die Rezeptfreiheit dennoch: Der Wirkungsgrad des Medikaments liegt innerhalb der ersten 24 Stunden bei 95 Prozent – aber er sinkt mit jeder weiteren Stunde. Gerade im ländlichen Raum kann es an Feiertagen und Wochenenden sehr schwierig sein, rechtzeitig einen Arzt zu finden, um ein entsprechendes Rezept zu bekommen.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 04/2014 vom 28.02.2014, Seite 8
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Medizinisch spricht nichts gegen ein schnelleres Verfahren. Medikamente durchlaufen ein jahrelanges Prüfungsverfahren und dürfen nur zugelassen werden, wenn sie als sicher gelten. Die ›Pille danach‹ hat keine schlimmeren Nebenwirkungen als viele frei erhältliche Medikamente, wieso sollte also hier plötzlich auf der Rezeptpflicht bestanden werden?

Die ›Pille danach‹ ist zudem nicht mit einem Schwangerschaftsabbruch gleichzusetzen, denn sie bewirkt eine Verzögerung des Eisprungs. Falls eine Schwangerschaft besteht, kann der Wirkstoff Levonorgestrel seinen Mechanismus nicht entfalten: Selbst Frauen, die niemals eine Schwangerschaft abbrechen würden, können die ›Pille danach‹ im Notfall bedenkenlos verwenden.

Die Rezeptfreiheit könnte sogar viele Schwangerschaftsabbrüche verhindern – in den Niederlanden liegt diese Zahl inzwischen bei jährlich 1500. Natürlich gilt: Prävention und Sexualaufklärung sind der beste Schutz und dürfen keinesfalls vernachlässigt werden. Durch die Rezeptfreiheit kann aber im Notfall vielen Frauen ein gutes Stück Selbstbestimmung über den eigenen Körper gegeben werden.«

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Astrid Wallmann: »Nein, ärztliche Beratung ist wichtig«

»Auch in Zukunft sollten Frauen – zu ihrem eigenen Schutz – von einem Arzt beraten werden, wenn sie nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr ein Medikament zur Notfallverhütung benötigen. Dies ist notwendig, da bei der Einnahme der ›Pille danach‹ zwei Präparate in Betracht kommen: Das eine, Ulipristal, ist deutlich wirksamer, aus medizinischen Gründen steht eine Rezeptpflicht aber außer Diskussion. Das andere, Levonorgestrel, wirkt nur bei Frauen mit einem Körpergewicht von bis zu 75 Kilogramm und nur innerhalb von 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr, wobei es schon nach den ersten 24 Stunden nur noch etwa die Hälfte der Schwangerschaften verhindern kann. Andere Varianten der Notfallverhütung sind sicherer; aber nur der Arzt, nicht der Apotheker kann sie anbieten.

Eine ärztliche Beratung ist keine Formalie, sie dient der notwendigen Aufklärung der Patientin und gibt der Frau die Chance, die für sie beste Variante der Notfallverhütung zu wählen. Würde die Rezeptpflicht wegfallen, würde nicht nur die Hemmschwelle zur Einnahme des Präparats sinken, wie der internationale Vergleich zeigt. Die Patientinnen würden sich mit Levonorgestrel womöglich in falscher Sicherheit wiegen und von anderen, effektiveren, aber rezeptpflichtigen Notfallverhütungen absehen.

Laut Erhebungen des Berufsverbandes der Frauenärzte ist in Ländern, die die ›Pille danach‹ freigegeben haben, die Rate an Schwangerschaftsabbrüchen kaum oder gar nicht gesunken, teilweise sogar gestiegen. Auch das Argument, der Wirkstoff sei aufgrund der Rezeptpflicht in der Nacht oder an Wochenenden nur schwer zu erhalten, ist angesichts der Dichte des Fachärzte-Netzes und der Bereitschaftsdienste wenig stichhaltig.«

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Urs Graf 06.03.2014, 20:13 Uhr:
Ich kenne die Deutschen Verhältnisse nicht so genau, meine aber, dass auch hier die notwendige Beratung in einer Apotheke erfolgen kann.
Andererseits klagen ja die Ärzte, dass sie mit Kassenpatienten völlig überlastet seien und wochenlange Wartezeiten hätten...