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Heute noch von Sünde reden?

»Nein!«, sagt der Schriftsteller und Theologe Klaas Huizing. »Theologen haben den Begriff total verschlissen. Er taugt nicht, um das Leben zu verstehen.« Die Kirchen sollten sich von ihrer Lieblingsvokabel verabschieden, fordert er. Ein Beitrag in unserer Reihe »Streitfragen zur Zukunft«
von Klaas Huizing vom 23.02.2018
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Oh weh, der verbotene Apfel! Eva und Adam ignorierten Gottes Verbot und aßen vom Baum der Erkenntnis, heißt es in der Bibel. Doch von »Sünde« ist dort nicht die Rede, sagt der Schriftsteller und Theologe Klaas Huizing (rechts). (Fotos: photocase/REHvolution.de; randomhouse.de/Max Jacobs)
Oh weh, der verbotene Apfel! Eva und Adam ignorierten Gottes Verbot und aßen vom Baum der Erkenntnis, heißt es in der Bibel. Doch von »Sünde« ist dort nicht die Rede, sagt der Schriftsteller und Theologe Klaas Huizing (rechts). (Fotos: photocase/REHvolution.de; randomhouse.de/Max Jacobs)
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»Die religiöse Gelehrtenrepublik ist altersmüde, auch deshalb, weil die Sprache ihres Personals bizarr altmodisch klingt. Sünde ist so eine Vokabel, die außerhalb der Gelehrtenrepublik allenfalls noch halb ironisch in den Mund genommen wird, wenn etwa von Verkehrssünden und Kalorienversuchungen die Rede ist.

Ihr Verschleiß hängt ursächlich damit zusammen, dass sie als moralische Keule missbraucht wurde. Aber sie ist vor allem deshalb zu einem streunenden Wort geworden, weil sie mit dem nach der Aufklärung Karriere machenden Begriff der Autonomie kaum vermittelbar scheint. Zwei unterschiedliche Menschenbilder stoßen aufeinander: hier die Vorstellung, der Mensch sei durch und durch Sünder und auf Gnade angewiesen, dort die Vorstellung, der Mensch sei autonom und gelingendes Leben ein zwar anstr

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Hedwig Wohler 03.03.2018, 08:58 Uhr:
Der Begriff "Sünde" mag wohl etwas antiquiert sein, aber man sollte nicht über Wörter streiten, sondern über Inhalte.
Dann doch vielleicht über "Schuld" reden? Keiner kann behaupten, dass er nicht wisse, was Schuld sei. Man muss nur die Zeitung aufschlagen und findet praktisch auf jeder Seite das Thema "Schuld".
Ich, als evangelisch gläubige Person, als Kind katholisch erzogen, dann aus der Kirche ausgetreten, einige Jahre als "Atheistin" gelebt, und dann einen persönlichen Glauben an Jesus Christus gefunden, ich weiss mich schuldig gegenüber Gott, mir selber und den Mitmenschen gegenüber.
Aber ich bin getrost und fröhlich, weil ich gewiss bin und glaube, dass der "fröhliche Wechsel" (Martin Luther) auch für mich gilt: Gott wurde meine Sünde und ich seine Gerechtigkeit.
Weil Gott mitleidet, kann er das Leid, das wir einander antun, nicht akzeptieren, sondern nur "tolerieren" (er trägt es selber) und wird dadurch selbst ein gerechter Gott.
Darauf stehe und hoffe ich.

ich 01.03.2018:
"Seht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt" -nur ein Blinder erkennt daraus das Ziel der Sendung Christi nicht. Verneinen wir die Sünde, dann brauchen wir Christus nicht.
Wovon wollen Sie dann Ihr Lebensunterhalt bestreiten, wenn Sie keinen Gott (Theos) mehr als Theologe verkünden?
Gruss
ich

reto carisch 28.02.2018:
Ein hervorragender Kommentar zum Thema Sünde. Dieser unselige Begriff hat über Jahrhunderte dem Christentum dazu gedient, den Menschen als letztlich nichtswürdiges, ausgeliefertes und abhängiges Lebewesen zu brandmarken.Man beachte nur das Menschenbild in der katholischen Messe. Der Mensch ist da ein Nichts, sündig von A - Z und nur durch ein grässliches Sühneopfer zu retten. Wie sehr Paulus für dieses unwürdige Menschenbild verantwortlich ist, ist für belesene Christen längst klar. Und trotzdem wird es permanent gepflegt, wahrscheinlich, weil sonst der ganze Klerikerstand zumindest im katholischen Raum seine Bedeutung verlieren wird. Weil es dann keine Zauberer mehr braucht, die durch ihre sog. heiligen Zeichen dem sündhaften Menschen doch noch ein gemütliches Jenseits vorbereiten können. Und alle diese schuldhaften Menschen sollen gleichzeitig Gottes Kinder sein. Was doch einiges über dessen Schöpfungsqualitäten aussagt. Denn für seine Genome kann der Mensch nun wirklich nichts.

Georg Lechner 27.02.2018, 09:21 Uhr:
Weil der Sündenbegriff so sehr mit der Vorstellung einer außerirdischen Intelligenz verknüpft ist, die dafür straft (oder was auch immer sonst tut - etwa den "eigenen Sohn" als "Sühneopfer" in die Welt schickt), ist er den Menschen nicht mehr vermittelbar, die ihn als "Wesensmerkmal" der christlichen Botschaft sehen. Durch die abendländische Philosophie der Neuzeit ziehen sich die Spuren der Ablehnung, die Horst Eberhard Richter im "Gotteskomplex" aufgelistet hat.
Dabei ist Sünde als Absonderung (aus der Gemeinschaft zum Zweck der Erlangung eines unrechtmäßigen Vorteils) durchaus ein profan/säkular verständlicher Begriff, um eine Ahndung eines solchen gemeinschaftswidrigen Verhaltens kommen auch weltanschaulich neutrale Gemeinschaften nicht herum.
Imho gilt die Ablehnung des Sündenbegriffs eigentlich dem personalen Gottesverständnis und den damit verknüpften Jenseitsvorstellungen, mit denen schon Thomas von Aquin gebrochen hatte: "Die Hölle ist nur ein Konstrukt der Theologen."

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