Gottes Gespür für die Welt

Die Großkirchen in Deutschland leben seit Langem im Modus der Krise. Mit größter Anstrengung wird versucht, das Bestehende zu erhalten. Doch Erschöpfung und Pessimismus ist überall mit Händen zu greifen. Verstärkt wird das Gefühl durch die Annahme, dass in der Gesellschaft zwar eine lebendige Religiosität vorherrsche, diese aber von den Kirchen nicht genutzt werden könne, weil sie zu wenig »marktgerechte« Angebote mache. »Ihr habt ein gutes Produkt, aber ihr verkauft es schlecht«, raunen Berater und legen der Kirche nahe, sich die kapitalistische Logik zu eigen zu machen. Diese Analyse ist allerdings doppelt falsch. Zum einen zeigen religionssoziologische Studien übereinstimmend, dass es in allen Ländern, in denen es gesellschaftliche Freiheit und einen funktionierenden Wohlfahrtsstaat gibt, zu einer Auflösung der Bindung an die Kirchen kommt. Es gibt einen klaren Trend in Richtung Konfessionslosigkeit, aber nicht hin zu anderen Formen der Religiosität.
Zum anderen besteht der tiefste Grund der Kirchenkrise darin, dass ihre Zeichen die damit bezeichnete Sache nicht mehr verlässlich repräsentieren. Mit anderen Worten: die Menschen können nicht mehr glauben, dass die Kirche Gott in der Welt angemessen repräsentiert. Die Medien der Religion (Wort, Sakrament, nach katholischem Verständnis auch: Priestertum und Kirche selbst) funktionieren nicht mehr. Die Versuche der römischen Kirche, Gott in den Sakramenten dingfest zu machen, sind ebenso brüchig wie die Versuche der reformatorischen Kirche, Gott im biblischen Text zu fixieren. Weder die Lehre von der »Unfehlbarkeit des Papstes« noch die Lehre von der »Unfehlbarkeit der Schrift« kann überzeugen.
Wie aber dann von Gott, genauer gesagt: vom biblischen Gott

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