Demut und Dankbarkeit
Als am 12. März unser OB alle Kitas, Horte und Vereine geschlossen hat, mussten auch wir als DKSB [Deutscher Kinderschutzbund] unser Haus schließen. Ich arbeite ehrenamtlich im Vorstand mit, bin also gleich nach meiner Arbeit in Uniform zur Krisensitzung im Vorstand gefahren; als Arbeitgeber sind wir verantwortlich für unsere Mitarbeiter. Nach der Sitzung hat mich ein Mitstreiter nach Hause gefahren. Was wir beide nicht wussten, er hatte Kontakt zu einem infizierten Menschen, und leider hat er sich angesteckt. Er hatte tagelang Schüttelfrost und hohes Fieber, ist aber gottlob wieder genesen. Mich hat er nicht angesteckt. Also bin ich nach dem Ende meiner Quarantäne wieder auf Arbeit gegangen.
Ich bin Zusteller bei der Deutschen Post AG, systemrelevant.
Ich gehe zum Teil durch menschenleere Straßen, das ist so unwirklich.
Wir haben mehr Pakete als im Weihnachtsverkehr. Ich habe noch nie so viele Menschen im Nachthemd oder Schlafanzug gesehen.
Meine Kunden sind wunderbar, oft höre ich jetzt: Schön, dass Sie kommen. Ich verabschiede mich von ihnen mit den Worten: Bleiben Sie gesund und behütet.
Ich bitte Gott, mir beizustehen, ich weiß ja nicht, was mich hinter der nächsten Tür erwartet.
Sonntags in der Kirche arbeite ich als Küster und sitze an der Technik, sorge dafür, dass die Gemeinde den Pfarrer hört. Endlich dürfen wir wieder Gottesdienst feiern, aber das Singen fehlt mir sehr.
Demut und Dankbarkeit, das fühle ich jeden Tag, auch wenn ich meine Kinder, Schwiegersöhne und mein Enkelkind nur von Weitem sehe. Sie sind alle gesund, dem Herrn sei’s gedankt.
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Dies ist ein Beitrag im Rahmen des Erzählprojektes von Publik-Forum »Die Liebe in Zeiten von Corona«. Wir laden unsere Leserinnen und Leser ein zu unserem Erzählprojekt: Bitte schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen, Nöte, Ängste und Ihre Zuversicht in Zeiten von Corona.