Filmtipp
MeToo: Wie die Mauer des Schweigens zu Bröckeln begann
Kino. Den Anlass liefert Präsidentschaftskandidat Donald Trump, dem 2016 mehrere Frauen Übergriffigkeiten vorwarfen. Jetzt steht das Thema sexuelle Belästigung im Fokus der Öffentlichkeit. In der New York Times werden zwei Investigativjournalistinnen auf andere Fälle angesetzt und stoßen sofort auf den Namen Harvey Weinstein. Seit Jahrzehnten ist die glanzvolle Karriere des Filmproduzenten von Klagen über sexuelle Gewalt gesäumt: ein offenes Geheimnis. Doch die Opfer dazu zu bringen, an die Öffentlichkeit zu gehen, erweist sich als schier unmöglich. In diesem Enthüllungsdrama, das auf dem Buch der Reporterinnen basiert, wird ebenso nüchtern wie eindringlich die Chronik einer journalistischen Arbeit geschildert, deren Ergebnis zum Motor der weltweiten #MeToo-Bewegung wurde. Gedreht wurde meist am echten Schauplatz, den Büros der New York Times. Regisseurin Maria Schrader macht von Anfang an klar, dass dies kein Film über den Täter ist, sie verzichtet zudem konsequent auf voyeuristisches Reenactment des Missbrauchs. Es geht einzig um das Zeugnis der Betroffenen und das komplexe System, das Weinstein schützte. Bei der Recherche stößt das Duo nicht nur auf prominente Namen, sondern bekommt, anfangs zaghaft, Hinweise von Angestellten. Allmählich bröckelt die Mauer des Schweigens, geformt aus Abfindungen, Knebelverträgen, handfesten Drohungen und interner Komplizenschaft. Der Film unterschlägt in seiner Konzentration auf die Opfer das Mitwisserumfeld in Hollywood und in der Politik. Doch wenn betroffene Frauen, noch nach Jahren zwischen Scham, Demütigung und Wut zitternd, ihrem Herzen Luft machen, geht das unter die Haut wie in kaum einer anderen filmischen Szene der letzten Jahre.
Film von Maria Schrader. 129 Min. Ab 12 J.