Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
ist es Ihnen wichtig, dass Sie an dieser Stelle auch als Leserin angesprochen werden? Ansonsten dominiert in Publik-Forum ja meistens die maskuline Form. Das sorgt immer wieder für Diskussionen, auch bei Ihnen. Mich selber stört diese Form oft, weil sie alle anderen Geschlechter unsichtbar macht: Vor dem inneren Auge tauchen vor allem Männer auf. Zwar wird stets behauptet: »Frauen sind mitgemeint.« Aber man denkt und meint sie eben oft nicht mit.
Unsere Redakteurin Eva-Maria Lerch durfte als Mädchen kein »Messdiener« werden. Die Messdienerin, die ihr erzählt hat, was es ihr bedeutet, am Altar eine Rolle zu spielen (Seite 47), wäre also keineswegs zu allen Zeiten »mitgemeint« gewesen. Und saßen bei geheimen Verhandlungen mit den Taliban, über die der Ex-Diplomat Michael Steiner spricht (Seite 12), wohl auch Frauen mit am Tisch?
Wir sehen es als unsere journalistische Aufgabe an, Wichtigkeit durch Sichtbarkeit zu erzeugen. Was mich versöhnlich stimmt: Bei Publik-Forum ist »mitgemeint« nicht nur eine Phrase. Wir bemühen uns, dass Männer und Frauen gleichermaßen vorkommen. Aber manchmal schaffen wir es nicht. So haben wir in dieser Ausgabe viele spannende und kluge Interviews. (Empfehlenswert ist auch das Gespräch mit Rafik Schami, Seite 48.) Allerdings: Alle mit Männern.
»Der Mann« wird gerade wieder diskutiert: Populistische Gruppen hätten wenig Chance auf politische Macht, wenn nur Frauen wählen würden, schließt unsere Autorin Barbara Brüning aus den Statistiken. Ein Therapeut meint dazu, die AfD sei für Männer deshalb attraktiv, weil sie Angst nicht nur erlaube, sondern auch gleich äußere Gründe mitliefere (Seite 40). Dabei darf man aber auch nicht ignorieren, dass weiße Frauen mehrheitlich Trump gewählt haben und es ja auch führende Populistinnen gibt. Die Sache ist komplex.
Andere Erfahrungen hat Britta Baas bei ihren Recherchen über gemischtreligiöse Paare gemacht (Seite 26). Vor allem aus dem Gespräch mit einem muslimischen Ehemann schließt sie: »Selbstbewusstsein ist die Voraussetzung, sich dem Anderen zu öffnen, sich nicht vor seinen Fragen zu fürchten oder gar davor, unterlegen zu sein.« Das gilt für Menschen aller Geschlechter. Ich wünsche

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