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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 19/2023
Der Inhalt:
Politik & Gesellschaft

Missbrauch in der katholischen Kirche
Geld vor Gerechtigkeit?

Das Bistum Hildesheim sieht sich mit der Schmerzensgeldklage eines Missbrauchsbetroffenen konfrontiert und erwägt, sich – anders als das Erzbistum Köln – auf Verjährung zu berufen.
von Christoph Fleischmann vom 02.10.2023
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Der Dom in Hildesheim: Das Bistum erwartet eine Missbrauchsklage (Foto: Getty Images/iStockphoto/Kristian Baensch)
Der Dom in Hildesheim: Das Bistum erwartet eine Missbrauchsklage (Foto: Getty Images/iStockphoto/Kristian Baensch)

Das Urteil des Kölner Landgerichtes, das einem Missbrauchsbetroffenen 300 000 Euro Schmerzensgeld vom Erzbistum Köln zugesprochen hat, hat vielen Missbrauchsbetroffenen Mut gemacht: Zum ersten Mal ist ein Schmerzensgeld wegen langjährigen Missbrauchs durch einen Priester von einem deutschen Gericht festgelegt worden. Dabei wurde nicht der verstorbene Täter, sondern das Erzbistum in Amtshaftung zur Zahlung verurteilt. Möglich geworden war das Urteil, weil das Erzbistum Köln auf die sogenannte »Einrede der Verjährung« verzichtet hat.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 19/2023 vom 06.10.2023, Seite 43
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Jens Windel ist einer derer, die neuen Mut gefasst haben: Er hat schweren sexuellen Missbrauch durch einen Priester des Bistums Hildesheim erlitten und konnte über die kircheneigenen Verfahren in mehreren Anläufen insgesamt 50 000 Euro erstreiten. Eine Summe darüber wäre ihm aber wichtig, sagt er, weil er als besonders schwerer Fall anerkannt werden will. Also hat er mithilfe eines Anwaltes das Bistum Hildesheim aufgefordert, sich mit ihm außergerichtlich über ein Schmerzensgeld zu verständigen, das das Kölner Urteil berücksichtigt. Die Antwort von einem Anwalt des Bistums Hildesheim ist für Windel »unsäglich«: Darin werden nicht nur die Ansprüche Windels gegen das Bistum bestritten, sondern ihm auch drohend mitgeteilt, dass er im Falle einer Klage »vollumfänglich beweispflichtig sei«, ob die behaupteten sexuellen Übergriffe tatsächlich erfolgt seien und der behauptete Schaden darauf zurückzuführen sei. Windel ist konsterniert: Die Kirche hätte ihn doch längst als Missbrauchsbetroffenen anerkannt. Vor allem empört ihn, dass der Anwalt schreibt, dass sein Mandant nicht bereit sei, auf die Einrede der Verjährung »als prozessuales Gestaltungsmittel« zu verzichten. Vielmehr erhebt der Anwalt in dem Schreiben im Namen des Bistums bereits jetzt vorsorglich die Einrede der Verjährung.

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Bischof Heiner Wilmer erklärte gegenüber Publik-Forum, dass er eine außergerichtliche Einigung für den falschen Weg halte, weil es etwas von »Mauschelei« habe. »Da fehlt eine unabhängige dritte Instanz.« Einem Gerichtsverfahren werde man sich stellen. Mit der Einrede der Verjährung wahre das Bistum dabei lediglich seine Rechte als Prozesspartei. »Das ist ein juristisches Instrument in unserem Rechtsstaat. Ob es in einem möglichen Verfahren eine Rolle spielt oder nicht, wird sich zeigen«, so Wilmer geheimnisvoll. Windel hat angekündigt, eine Klage vorzubereiten.

Die Bischöfe wollen nicht generell auf die Einrede der Verjährung verzichten, hieß es auch bei der Vollversammlung der Bischöfe in Wiesbaden. Damit werden sie nicht verhindern können, dass immer mehr Betroffene, enttäuscht von den kirchlichen »Anerkennungszahlungen«, zu den Gerichten gehen werden.

Das ganze Interview mit Bischof Wilmer lesen Sie hier auf publik-forum.de

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