Leserbrief
Sprache als Spiegel
Frau Strotmann schreibt: »Niemand musste sie (Sternchen et cetera) vorher benutzen, aber nun darf es auch keiner mehr.« Leider ist beides nicht wahr. Es gab und gibt »Leitfäden« und Anweisungen zum Gendern mit durchaus zwanghafter Absicht und Wirkung. Und genau das macht man nun der Empfehlung des Ministers zum Vorwurf: Also ist Widerstand gegen geltende Rechtschreibung geboten, jedoch Widerstand gegen Rechtsbruch verboten? So verstehe ich Frau Strotmann. Josef Peil, Mastershausen
Frau Strotmann macht es sich, anstatt sachlich fürs Gendern zu argumentieren, zu einfach. Es gibt ja gute Gründe fürs Gendern, aber auch Gründe gegen übertriebene Formen und Forderungen. Wenn sie aber in ideologischer und polemischer Vereinfachung die Ablehnung des bislang völlig uneinheitlichen und willkürlichen Genderns den Konservativen und Reaktionären zuschreibt – von Feindschaft ist sogar die Rede –, dann dürfte das wohl realitätsfremd sein. Unter den mir nahestehenden Menschen, die sich eher dem linken politischen Spektrum zuordnen lassen, gibt es genug, die sich nicht mit den Ausführungen von Frau Strotmann identifizieren würden und überhaupt manche Auswüchse des Genderns ablehnen. Frau Strotmann spricht von »Sprachpolizei«. Ist nicht ihr abschätziges Verurteilen von Menschen, die Bedenken gegen das geforderte Gendern haben, ebenso fragwürdig? Claus Kloppenburg, Stuhr
Es geht um das Sichtbarmachen von Frauen und anderen Menschen, die für sich nicht in einer Männergesellschaft vereinnahmt werden wollen. Es geht um die Überwindung des ewigen generischen Maskulinums. Es geht um eine wirkliche Gleichberechtigung. Frauen und Männer unterscheiden sich grundlegend in Sprache und Gesprächsverhalten. Das ist gesellschaftliche, alltägliche Realität, die aber vielfach nicht akzeptiert und deutlich gemacht wird. Sprache spiegelt die gesellschaftliche Situation. Wenn sich eine brauchbare Form von frauengerechter Sprache entwickeln und durchsetzen würde, wäre das ein Zeichen wirklicher Gleichberechtigung – aber davon sind wir noch weit entfernt, wie gerade die Aktion von Herrn Weimer zeigt. Dorothea G. May, Bonn
