Dotas neues Album
Im Springbrunnen mit nackten Milliardären

Folk-Pop. Kraftvoll und mutig ist dieses Doppelalbum. Mit 24 neuen Liedern, viele davon Kommentare zum Weltgeschehen. Dazwischen funkeln zarte, verträumte Songs über Liebe und Verlust und Kettenkarussell fahren. Nachdem die Berliner Songwriterin Dota Kehr zuletzt Gedichte von Mascha Kaléko vertont hatte, singt sie nun endlich wieder ihre eigenen Songs.
Und die sind politischer denn je. In »Abgelenkt« geht es um unsere kollektiv schwindende Aufmerksamkeitsspanne. Dann wird die Enteignung großer Wohnkonzerne gefordert. Im Song »Fortschritt« heißt es in einer Mischung aus Wirklichkeitsbeschreibung und Dystopie: »Wir sind in Fortschrittsgläubigkeit eingeschlafen / und im Totalitarismus aufgewacht / Es war so praktisch, so komfortabel, und dann über Nacht / gab’s nur noch Monopole und wir waren nur noch Daten / und es gab Milliardäre so mächtig wie Staaten.«
Dota hält sich und uns den Spiegel vor. Das ist schmerzhaft. Und dann wieder sehr lustig. Wie im titelgebenden Song »Im Springbrunnen baden mit nackten Milliardären«, ein Lied gewordener Fiebertraum, in dem das lyrische Ich im Neoprenanzug mit Mark Zuckerberg und dem Nestlé-Aufsichtsrat in einen Springbrunnen steigt: »Du hast im Schlaf so gelacht, / sag wovon hast du geträumt? / Ich weiß es nicht mehr, / aber am Ende hat’s so schön geschäumt.«
Daneben stehen leise Songs wie »Die Hoffnung« oder »Das wogende Meer«, in dem Dota Kehr singt: »Keiner ist immer da. / Und wünscht man es noch so sehr, / Keiner kann immer nur Felsen sein, / mal ist jeder das wogende Meer.« Und diese Songs sind leuchtender und poetischer als zuvor. Als wäre etwas von Mascha Kalékos Lyrik, mit der Dota Kehr so lange unterwegs war, in dieses Album hineindiffundiert.
Dota: Springbrunnen.
Kleingeldprinzessin/Broken Silence; www.kleingeldprinzessin.de
