EKD
Inhaltsleerer Kirchensprech

Was soll dieses Papier »Kirche auf gutem Grund« mit seinen »zwölf Leitsätzen zur Zukunft einer aufgeschlossenen Kirche«? Ich lese das Papier als Theologe und ehemaliger Superintendent. Als Erstes fällt mir auf, wie häufig das Wort »Evangelium« vorkommt. Das Evangelium ist die zentrale Erkenntnisquelle der evangelischen Kirche. Was sollen also Formulierungen wie etwa: geringere kirchliche Ressourcen seien »kein Argument gegen die Wahrheit des Evangeliums«. Wie auch? Es befällt mich Misstrauen, wenn Selbstverständliches so ausdrücklich betont wird. In dem Papier ist häufig, zugleich völlig inhaltsleer, vom Evangelium die Rede. Worin es aber besteht, wird nicht gesagt.
Wenn Kirchensteuerschwund durch Austritte tatsächlich Infragestellung der Wahrheit des Evangeliums zur Folge haben könnte, wäre es dann nicht das Beste, diese Wahrheit überzeugend darzustellen? Mitzuteilen, was sie Menschen, die nach Orientierung für ihr Leben suchen, Hilfreiches zu sagen hat?
Vergebliche Mühe ist es, in diesen aufwändigen Leitsätzen nach einer Antwort auf diese Frage zu suchen. Einmal nur gibt es mit »Evangelium von Jesus Christus« zumindest eine Andeutung. Was das aber inhaltlich besagt, gilt offenbar als so hinreichend bekannt, dass es der ausdrücklichen Ansage nicht bedarf. Wie sonst erklärt sich diese Zurückhaltung? Oder ist die Logik des Verschweigens vielleicht eine andere?
Ähnlich ungenau, aber umso gewichtiger wird mit dem Begriff des »Glaubens« umgegangen. Dessen Weitergabe sei in der pluralen Gesellschaft von größter Bedeutung. »Unsere Mitarbeitenden werden ermutigt, selbstbewusst für den christlichen Glauben einzustehen«, heißt es im Leitsatz 9. Man erwartet, dass alle in der Lage sind,

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Die beispielhaft angeführten Passagen des Credos wirken in ihrer "biologistischen" Absolutsetzung als Nonsens in einer aufgeklärten Gesellschaft. In Anknüpfung an jenen Abt Joachim (theologischer Lehrer von Thomas Müntzer; "Es gibt wunderbare Ereignisse, aber keine Wunder. Die hat es nie gegeben und wird es auch nie geben") stehen die christlichen Kirchen vor der Notwendigkeit, die Sprache des Credo als symbolisch zu bezeichnen und im Kern zum Arianismus des nahöstlichen Christentums (damit auch zum Judentum und zum Islam unnötige Hürden abbauen) zurückzukehren und dessen Verketzerung als Irrtum zu bedauern.