Leserbrief
Gruppenzwang
Zu: »Gegen den Zwang« (21/22, Seite 37)
Es besteht ein Unterschied zwischen einem Schmuckkreuzchen am Hals einer Dame und einem Kopftuch! Letzteres dient vorrangig der Sicherung männlicher Herrschaft über die Frau. Die Sehnsucht nach Selbstbestimmung ist spätestens bei Mädchen mit dem Beginn der Pubertät zu unterdrücken. Freiheit soll für muslimische Frauen eine unbekannte Erfahrung bleiben und ein selbstbewusster Umgang mit körperlichen Reizen außerhalb des eigenen Zuhauses wird durch Reglementieren, Kontrollieren und Strafen ersetzt. Keine Frau, die später in einer Demokratie das Kopftuch ablegte, gab an, es freiwillig getragen zu haben. Unbestritten ist, dass auch in liberalen Staaten emanzipierte Frauen ein Kopftuch bewusst und freiwillig tragen. Hier ist Freiheit als Voraussetzung der Freiwilligkeit zumindest formal gegeben. Aber nicht jede Muslima ist beruflich erfolgreich und wirtschaftlich unabhängig, bei der Mehrheit dürfte die Realität eine andere sein. Der »Gruppenzwang« der Familie und durch religiöse Verbände wird meines Erachtens unterschätzt. Christine Grzegorek, Görlitz
Die Journalistin Khola Maryam Hübsch geht in ihrer Einschätzung davon aus, dass der Freiheitskampf im Iran sich nicht gegen die Religion des Islam richtet, sondern gegen ein repressives Regime. Dies kommt einer Realitätsverweigerung gleich. Entsprechend der iranischen Verfassung versteht sich die islamische Republik als ein Gottesstaat, in dem die religiösen Führer die Staatsführer sind. Grundlage der Rechtsprechung ist die islamische Scharia, die mit den universellen Menschenrechten wie Glaubensfreiheit, Meinungsfreiheit oder der Gleichberechtigung von Mann und Frau nichts, aber auch gar nichts zu tun hat. Norbert Stallkamp, Wertheim