Kinotipp: »Copa 71«
Ein vergessenes Kapitel des Frauenfußballs
Kino. Das bisher meist besuchte Frauensportereignis der Welt war die Frauen-WM 1971 in Mexiko. Im Endspiel im Aztekenstadion in Mexiko City feuerten 110 000 Zuschauer die Finalistinnen an. Nie gehört? Es ist eine geradezu unglaubliche Geschichte, die in diesem Dokumentarfilm mit einer munteren Montage aus Archivmaterial und Interviews ans Licht befördert wird. Ihren Kick bekommt diese mitreißende Chronik nicht so sehr durch die Frage, ob das mexikanische, argentinische, französische, italienische, englische oder dänische Team gewinnt.
Der wahre Spannungsmotor ist das wachsende Selbstvertrauen der jungen Frauen, die bis dahin darauf achten mussten, unter dem Radar zu bleiben. Es ist geradezu rührend zu sehen, wie die Sportlerinnen zum ersten Mal ein Flugzeug besteigen; wie sie gefeiert werden – anfangs im Bikini auf den Titelblättern, bald von Tausenden für ihre athletischen Manöver. Die Fußballerinnen spielen sich in dieser WM frei, »als ob wir Flügel hätten«, erinnert sich eine Spielerin im Film. Interviews mit abgeklärten älteren Frauen wechseln sich ab mit dem Anblick ihrer 50 Jahre jüngeren Alter Egos, die über den Rasen stürmen, inklusive Fouls, Prügeleien, Brüchen und Streiks. Dadurch wird die Geschichte des Frauenfußballs angerissen, eine Geschichte von Verboten, Häme und Schikane.
Die Frauen-WM 1971 wurde unabhängig von der reaktionären FIFA veranstaltet. Sie war privat und kommerziell organisiert und erwies sich als Selbstläufer. Doch das Imperium schlug zurück. Der Frauenfußball wurde systematisch zurückgedrängt, vor allem in Großbritannien, das doch als Land des »Fair Play« gilt. Erst 1991 fand die nächste Frauen-WM statt. Heute ist Frauenfußball der weltweit am stärksten wachsende Sport.
Copa 71 (GB/USA 2023). Film von
James Erskine, Rachel Ramsay, 93 Min. O.A.
