Die weibliche Seite Gottes

Vom hellen Foyer geht es die Stufen hinab in einen spärlich beleuchteten Raum: Dort drehen sich zwei große Filzobjekte, Throne mit hoher, spitzer Lehne, die aussehen, wie Hörner, die im Mondlicht schimmern. Für wen sie wohl bestimmt sind? »TutGamToo« hat Ayala Serfaty dieses Werk genannt, dessen Klang geheimnisvoll an ägyptische Pharaonen erinnert – und an das englische »two«, »zwei«. Mit diesem Exponat wird die Besucherin eingestimmt auf die erste Wechselausstellung im neu eröffneten Jüdischen Museum Frankfurt. Es geht um »Die weibliche Seite Gottes«. Während die Idee von nur zwei Geschlechtern ansonsten eher überholt ist, arbeitet sich die Ausstellung an jenem Geschlechterdualismus ab, der Judentum, Christentum und Islam so geprägt hat. Im Alten Orient und darüber hinaus stellten sich die Menschen vor, dass die Welt durch ein göttliches Schöpferpaar erschaffen worden sein musste, durch Vater und Mutter. Diese Mythen hallten auch im alten Israel noch nach.
Die archaisch-erhabene Stimmung im Eingangsraum wird sogleich durchbrochen: In einem Video singen und tanzen Göttinnen zu »You Gotta Believe« von der Soul- und Discoband Pointer Sisters. Die 30 000 Jahre alte Venus von Willendorf schwingt die üppigen Hüften und Brüste, zusammen mit Göttinnen, die im alten Ägypten verehrt wurden. Zwischen den animierten Statuen und Reliefen grantelt ein Comic-Mose herum, der dieser Frauenpower zu entkommen versucht, die ihn mit geballter Weiblichkeit ansingt: »You got to believe in somethin’ / Why not believe in me?« Ja, warum weigern sich Religionsführer eigentlich, an etwas Weibliches zu glauben, während ihnen der Glaube an einen göttlichen Vater, womöglich noch mit grimmigem Rauscheb

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