Leserbrief
Vergeben und Versöhnen
Zu: »Vergeben und vergessen?« (20/21, Seite 26-30)
Im Matthäusevangelium 5,22 steht: »Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar stehen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe!« Welch eine Umkehrung unseres Denkens! Die Täter sind zur Versöhnung aufgerufen, nicht die Opfer. Das sollten sich alle diejenigen, die in die kirchlichen Missbrauchsfälle involviert sind und waren (und auch Kardinal Woelki, dem so viele in Köln nicht mehr vertrauen), zu Herzen nehmen! Da müsste sich manch einer gewaltig anstrengen, damit sein Gegenüber zur Versöhnung bereit ist. Dorothee Diehl, Siegen
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In den Evangelien gibt Jesus uns wichtige Hilfen und Leitplanken für unser Leben. Vergebenkönnen war in meinem Leben (93 Jahre) ganz wichtig für meine persönliche Hygiene. Das half mir sehr, mit leichtem Gepäck zu leben. In dem Artikel von Christoph Fleischmann finde ich lange theoretische Erklärungen zum Thema Schuld. Dass die Verkündigung so weit vom Leben entfernt ist, trägt sehr dazu bei, dass die Menschen sich immer mehr von den Kirchen entfernen. Karl-Heinz Eisner, Bad Grönenbach
Ich finde es sehr begrüßenswert, dass dieses Thema in Publik-Forum aufgegriffen wird. Ich kenne sehr viele Menschen, die sich eine Hilfe dafür wünschen, dass sie vergeben möchten, aber es irgendwie nicht können. Auch dabei entstehen »Schuldgefühle«. Ich wünsche mir dafür mehr Sensibilität und auch kirchliche Angebote zum heilenden Umgang in diesen Nöten. Meiner Meinung nach ist es zum Beispiel hilfreich zu unterscheiden, dass Vergeben nicht gleich auch Versöhnen bedeuten muss, sondern erst mal für die eigene Loslösung vom Täter stehen kann und zur Verantwortung befreit, wie es auch in Ihrem Text heißt. Oftmals wird Vergebung wirklich nur als Duldung des erlittenen Unrechts verstanden und hilft nicht zum befreiten Leben vor Gott. Gabriele Phieler, Eisenach