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Sonnige Bilder aus meinem Leben

vom 15.04.2020
von Grete Ruile

Das zerplatzte Geschenk

Wir wohnen außerhalb der Stadt, nahe am Waldrand, in einem hübschen Dorf. Hier gibt es sie noch: die unberührte Natur! Füchse, Rehe, Wildschweine und viele seltene Vogelarten wurden hier heimisch. Nur ein Geschäftsviertel haben wir nicht. Um einzukaufen, fahre ich deshalb einmal in der Woche mit dem Bus in die naheliegende Stadt. Auch heute war ich wieder unterwegs. Meine Einkaufsliste ist lang. Bald kommt die Station, wo ich aussteigen muss. Schon von Weitem, sah ich eine große Menschenmenge auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Meine Neugier war geweckt!

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Rasch überquerte ich die Straße und fragte eine Dame: »Was ist denn hier los, wird ein Fest gefeiert?« »Ja, wissen sie es nicht?« Die neue Bankfiliale wird heute eröffnet. Es gibt gratis Würste und Freibier!

Auf dem Trottoir vor der Bank waren viele Tische und Bänke aufgestellt. Die Leute saßen da und verzehrten die herrlich duftenden, knusprig gebratenen Würste genüsslich. Manche tranken dazu ein kleines, helles Bier. Aber auch die ganz Kleinen wurden nicht vergessen. In Reih und Glied warteten die Kinder geduldig, bis sie zu dem freundlichen Mann kamen, der die bunten Luftballone mit Gas füllte. Ihre zarten Händchen umfassten die Schnur des Luftballons und ließen sie nicht mehr los. Manche baten den liebenswerten Mann sogar: »Bitte! Binde mir den Ballon um das Handgelenk, damit er mir ja nicht davonfliegen kann.« Erst dann konnten sie beruhigt zu ihrem farbenfrohen Ballon hinaufschauen. Ach, wie können diese Kindergesichter noch strahlen! War ich nicht erst auch noch so klein gewesen? Kindheitserinnerungen kamen zurück. In Gedanken versunken stand ich da. Nun war es aber allerhöchste Zeit für meine Einkäufe. Als ich im Begriff war, weiterzueilen, tippte mir jemand von hinten auf die Schulter. Ich drehte mich um. Liebevolle blaue Augen schauten mich an. Es war ein Clown, mit weißer Halskrause in einem bunten Flickengewand. Er sagte: »Ich habe Sie beobachtet. Wie konnten Sie sich über die Kinder freuen! Zwar bin ich für die Kinder da, aber Sie möchte ich auch beschenken. Bleiben Sie noch einen kurzen Moment stehen.« Umständlich kramte er aus seinen Hosentaschen ein großes dickes Röhrchen hervor. Er schüttelte es kräftig. Dann nahm er den Deckel ab, tauchte den Pustering in das Seifenwasser, zog ihn wieder heraus und blies große Seifenblasen in die Luft. Danach folgten viele, viele kleine Blasen. Dabei betrachtete er mich immer wieder mit seinen freundlichen Augen. Einen Moment lang waren wir beide in einer farbig-schillernden Welt von runden Seifenblasen eingehüllt. Ich war glücklich! »Vielen Dank für das wunderschöne Geschenk«, sagte ich zu dem Clown. Er sagte nur: »Ich wusste, es würde ihnen gefallen.« Dieses besondere Geschenk werde ich nie vergessen, obwohl es lautlos zerplatzte und sich in Nichts auflöste.


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Alle Beiträge des Erzählprojektes »Die Liebe in Zeiten von Corona«

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