Frieda liebt Jesus
Frieda liebt Jesus. Frieda ist zweieinhalb. Viele Begegnungen mit der Krippe, den Hirten, der schwangeren Maria und dem kleinen Kind im Stall haben in der Kinderseele unserer Tochter Spuren hinterlassen. Jesus und Maria – ich kann mich nicht erinnern, eine der beiden biblischen Gestalten auch nur halb so intensiv geliebt zu haben, wie meine kleine Tochter das seit Wochen lebt.
Das kleine Kind in der Krippe hat Friedas Herz sofort erobert. Seit Weihnachten trägt eine Puppe den Namen »Jesus« und ist für Frieda zur Bezugsperson geworden. »Wo ist mein Jesus?«, ertönt die Frage an manchen Tagen und sie ist nicht weniger ernsthaft gemeint als die gleichlautende Arie der Matthäus-Passion. Frieda besucht Maria nach dem Gottesdienst, sie streichelt die hölzerne Figur der Gottesmutter und des Kindchens auf ihrem Arm. Sehr wahrscheinlich ist es auch die intensive Mutter-Kind-Beziehung, die sie unbewusst berührt.
Während Frieda mit einem von uns Eltern seit Monaten regelmäßig zur Gottesmutter geht und dort eine Kerze anzündet, hat sie sich erst innerhalb der letzten Wochen für die Darstellungen auf der rechten Seite – Jesus am Kreuz – interessiert. Zweimal habe ich sie dort emporgehoben und ihr die Namen der Dargestellten genannt. Ich weiß nicht, wo sie abspeichert, dass der Mann am Kreuz, der Mann, der nicht gerade glücklich wirkt, auch Jesus sein soll. Ich hatte das Gefühl, dass sie es beim ersten Mal gar nicht richtig wahrgenommen oder gar ignoriert hat. Beim letzten Mal bemerkte sie einen blauen Fleck und deutete die Blutstropfen als Kerzenwachs. Geküsst hat sie nach der Mutter Jesu, die sie lange gestreichelt hat, auch Maria von Magdala, Johannes und die Beine Jesu, bedingt auch durch die Höhe, auf der ich sie gehalten habe. Ist das eine Urform von Religiosität – eine, die ich für mich eigentlich kaum annehmen konnte?
Was ich annehmen kann und was mich tief berührt, ist die Zärtlichkeit und Liebe, die in diesen Gesten steckt. Wenn sich mein Kind das bewahren kann, dann bin ich Gott dafür sehr dankbar. Ich möchte nichts mehr, als dass mein Kind lieben kann. Was mir Angst macht, ist: Wie bringe ich ihr bei, dass dem geliebten Jesus dieses Leid geschieht? Dass das dazugehört zum Auferstehungsglauben? Wir gehen den Ostertagen entgegen, wir gehen mit Jesus seinem Leiden entgegen, seinem Bluten, seinem Verlassensein. Mit Frieda auf dem Arm im Angesicht des Gekreuzigten gehe ic

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