Verdammt noch mal
Ich habe vor zwölf Jahren mein Auto abgeschafft und fahre nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Rad. Wenn ich dann mit Freunden oder Verwandten dennoch mal Auto fahre, fällt mir sofort auf, wie viel und wie schnell Autofahrer schimpfen und dabei auch ins Fluchen verfallen. Pass doch auf, du Blödmann. Ich habe Vorfahrt, du Idiot. Verdammt noch mal, wann wird’s denn endlich grün. Verflixt und zugenäht, jetzt habe ich die Ausfahrt verpasst. Das hat geblitzt, so ein Scheiß. Bei kaum einer Tätigkeit schimpft und flucht der moderne Mensch so viel wie beim Autofahren. Aber auch ich als Radfahrer spreche Verwünschungen aus, etwa wenn Autos auf Fahrradwegen parken.
Gerade das Schimpfen und Fluchen beim Autofahren, so Wissenschaftler, die sich mit dem Phänomen beschäftigen, belege die positive Funktion des Schimpfens im Affekt. Schimpfen und Fluchen befreie und baue Stress ab. Das ist richtig, solange es im eigenen Gefährt geschieht, nur die Beifahrer belästigt und nicht mit Zeichenhandlungen verbunden ist, wie etwa dem bekannten an die Stirn tippenden Finger zu »du Blödmann«. Es schadet dem Beschimpften nicht, sondern dient der eigenen Entlastung. Dennoch – wenn wir beim Schimpfen (so’n Mist) ins Fluchen (verdammt noch mal) oder sogar ins Verfluchen (verdammter Kerl) verfallen, zeigt sich etwas von unseren archaischen Verhaltensweisen.
Das Schimpfen und Fluchen, so sagen Sprachforscher, ist ein menschlicher Urtrieb, verankert in der neuronalen Struktur unseres Hirns. Sprachwächter, die den Menschen das Fluchen verbieten wollen, jagen einem vergeblichen Ziel nach. Man muss annehmen, dass auch Adam und Eva im Paradies schon geschimpft haben. Zumindest dann, als ihnen klar wurde, was das Essen von der verbotenen Frucht für Auswirkungen hatte. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen deuten darauf hin, sie werden von Schimpfwörtern begleitet gewesen sein. Vielleicht sagte Adam zu Eva: Du dumme Gans. Eva antwortete: Selber schuld, du Trottel, und beide verwünschten die Schlange mit einem: Mögest du krepieren, du hinterlistiges Vieh.
Flüche finden wir schon in den frühesten schriftlichen Dokumenten der Menschheit. Im alten Ägypten meißelten die Menschen Verwünschungen in Hieroglyphen auf Tongefäße, die dann zerschlagen wurden. In der assyrischen Keilschrift sind sie erhalten und im phönizischen Alphabet. Dass sie gang und gäbe waren, sieht man auch daran, dass das Fluch

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