Der Marx-Faktor
Das Ergebnis war alles andere als ein Triumph. Reinhard Marx wurde erst im vierten Wahlgang und mit knapper Mehrheit zum neuen Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK) gekürt. Er selbst sprach danach von einer »ehrlichen Wahl« und wollte damit wohl ausdrücken, dass die Bischöfe sich in Münster nichts schenkten.
In der Tat zeigten die ersten Wahlgänge überdeutlich, dass es eine innere Einheit der Bischofskonferenz nicht gibt. Die knapp siebzig Bischöfe und Weihbischöfe gaben ihre Stimmen zu Beginn vor allem Felix Genn, dem Bischof von Münster, und Franz-Josef Bode, dem Bischof von Osnabrück. Hinter Bode versammelten sich vor allem die progressiven, hinter Genn die eher konservativen Kollegen. Schnell abgeschlagen waren Stephan Ackermann aus Trier und Franz-Josef Overbeck aus Essen. Reinhard Marx hatte in den ersten Wahlgängen sowohl weniger Stimmen als Bode wie auch als Genn. Das änderte sich erst zum Schluss. Als die Bischöfe merkten, dass sie dabei waren, ein unauflösliches Patt zwischen Bode und Genn herzustellen, schwenkten offensichtlich »Bodianer« zu Marx um.
Immer für einen Streit gut
Wie ist er so, der neue »Chef« der katholischen Bischöfe in Deutschland? Der Kardinal und Erzbischof von München und Freising steht für Gerad linigkeit, für politische Einmischung in die Welt sowie für persönliche Glaubensfreude mit barocken Zügen. Marx, geboren im ländlichen Westfalen, ist ein Menschenfischer mit Kanten, an denen sich Gegner wie Freunde reiben werden. Für einen geschliffenen öffentlichen Streit ist er immer gut. Bekannt ist er aber auch für sein fröhlich dröhnendes Gelächter. Die Landschaft der Religionen wird mit ihm kontrastreicher. Und München wird Kirchenhauptstadt Deutschlands.
Denn wenn nun auch noch der evangelische Landesbischof von Bayern, Heinrich Bedford-Strohm, in Bälde Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) werden sollte – wofür einiges spricht –, sind die Spitzen von Katholizismus und Protestantismus in der bayerischen Landeshauptstadt angesiedelt. Tief im Süden der Republik, wo die Arbeitslosigkeit geringer, die Entkirchlichungstendenz schwächer und die sozialpolitische Problemlast niedriger ist als im Norden und Osten Deutschlands. Die beiden auf den ersten Blick äußerst unterschiedlichen Männer verbindet, da

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