Dreißig Jahre unvereint?

Als die Mauer fiel, schaute die Welt auf die Ostdeutschen. Sie lachten, sie weinten, in Interviews überschlugen sich ihre Stimmen. Es schien unglaublich, was im November 1989 geschehen war, im vierzigsten Jahr des Bestehens der DDR. Die Grenze war offen, der Weg frei für ein neues Leben im vereinten Deutschland.
Die Ostdeutschen galten im Westen als Glückskinder; die meisten hatten sie lieb. Sie selbst hatten dafür gesorgt, dass es so gekommen war. Sie hatten sich in Massen hinter ihren Bürgerrechtlern versammelt, als die DDR im Untergang und Michail Gorbatschows Perestroika-Politik in Osteuropa im Aufwind war. Doch während viele Bürgerrechtler einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz wollten, eine neue DDR und das Ende der SED, interessierten sie sich vor allem für Reisefreiheit und freien Konsum. Die Massendemonstrationen des Jahres 1989 führten zur Auflösung des Staates, der sich 1949 als antifaschistisches, als besseres Deutschland gegründet hatte.
Eine typisch westliche Sicht auf die Friedliche Revolution! Ich habe sie in der DDR erlebt. Da hatten sich keine Massen hinter irgend jemandem versammelt! So wichtig einzelne mutige Menschen waren, die im Nachhinein im Westen als Bürgerrechtler bezeichnet wurden. Bei der Friedlichen Revolution sind vor allem die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Angestellten, aufgestanden, auf die sich die DDR-Führung im Arbeiter- und Bauernstaat ja berief. Je mehr das Land verließen, desto selbstbewusster wurden die, die blieben: »Wir sind das Volk, wir bleiben hier!« Immer deutlicher forderten sie Pressefreiheit, freie Wahlen, ein Demonstrationsrecht. Sie blieben gewaltlos, sogar dann, wen

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